Gelsenkirchen. Sandra Yegiazaryan ist gelernte Schneiderin und Modedesignerin. Sie selbst entwirft nicht mehr, gibt ihr Wissen aber an Kinder und Jugendliche weiter.

Die Kleidungsstücke, die ich heute neu im Laden kaufen kann, sind eigentlich schon alt – zumindest die ersten Ideen zu Farben, Schnitten oder Stoffen liegen ein Jahr oder länger zurück. Bis eine Kollektion dann fertig im Laden steht, bedarf es einer ganz schön langen Zeit.

Sandra Yegiazaryan weiß das. Die 49-Jährige weiß, was passiert ehe eine Kollektion im Laden verkauft werden kann. Nach dem Abitur hat sie eine Schneiderlehre gemacht, anschließend außerdem ein Studium zur Dipl.-Bekleidungsingenieurin absolviert. Jahrelang also hat sie Mode entworfen.

Durch den Job gab es regelmäßig Reisen

Auch als Produktmanagerin hat Yegiazaryan gearbeitet, hat sich überlegt, wie Sakkos und Anzüge gestaltet und auf dem Markt positioniert werden können. Durch ihren Job ist Yegiazaryan regelmäßig gereist; hat Stoffe in Italien, Frankreich oder Holland angefasst und ausgesucht. Außerdem war sie für ein Praxissemester in Kanada und hat den Frack, den „König der Herrenkleidung“ quasi, genauer studiert. Hat eine moderne Version davon entworfen. „Es wäre mein Traum gewesen, diese Version einmal umzusetzen, sie zu nähen“, sagt Yegiazaryan.

Seit 13 Jahren ist sie nun in Gelsenkirchen-Bulmke zuhause. Mode entwirft sie kaum noch, höchstens im Kopf. „Wenn man als Designer in der Industrie arbeiten möchte, muss man flexibel sein. Das konnte ich mit meinen Kindern nicht mehr vereinbaren“, erklärt sie diesen Schritt. Stattdessen ist sie freiberufliche Malerin – einmal kreativ, immer kreativ. Die Liebe zum Entwerfen, die ist noch da: Kindern und Jugendlichen bringt Yegiazaryan regelmäßig die ersten Schritte bei.

Alle haben schon erste Stücke entworfen

So zum Beispiel in der Erler Kunstschule. Sieben Mädchen zwischen acht und 14 Jahren besuchen den Einführungskurs zum Thema „Modedesign“. Es ist Tag drei, heute endet der Kurs – alle haben schon erste Stücke entworfen.

Konzentriert sitzt Klaudia (10) vor ihrem Din A4-Blatt. Im Raum ist es ruhig, die Stimmung beinahe schon meditativ. Lediglich Blei- und Buntstifte sind zu hören, wenn sie beim Schraffieren über das Blatt kratzen. Klaudias Blatt Papier ist nicht mehr ganz weiß, die Grundfigur – also Körper und Gesicht – hat sie schon gezeichnet. „Das ist ja auch leicht, wir haben das hier super gelernt“, sagt die 10-Jährige. Frauenkleidung entwirft sie lieber, als welche für Männer. „Frauen haben mehr Looks, da kann ich mir Hosen ausdenken. Oder Kleider. Oder Röcke“, sagt sie, greift erneut zum Bleistift und beginnt die Umrisse eines kurzen Kleides zu skizzieren. Es dauert wenige Sekunden, das Kleid in ihrem Kopf ist gradlinig geschnitten und entsprechend schlicht. Dafür soll es durch einen ausgefallenen Saum und große Punkte hervorstechen: Klaudia zückt einen grünen Stift, malt die Punkte damit aus. Der Rest soll weiß bleiben, hat sie sich überlegt.

Fertig! Also fast, denn noch muss der Entwurf dem Blick von Design-Expertin Sandra Yegiazaryan standhalten. „Hier könntest du noch ein paar Schatten einzeichnen, damit die Figur lebendiger und dreidimensionaler wirkt“, empfiehlt Yegiazaryan. Klaudia bessert aus. Was für ein großer Effekt, nur durch ein paar kleine Schraffuren!