Gelsenkirchen. . Bislang haben Babys, die getötet wurden, kein Recht auf einen Namen. Die Gelsenkirchener Pfarrerin Dr. Zuzanna Hanussek kämpft nun dafür.
Ein winziger Kindersarg mit einem namenlosen Erdenbürger. Gesund geboren, aber tot, weil die Mutter das Baby nicht haben wollte oder konnte. Eine solche Situation bestürzt Pfarrerin Dr. Zuzanna Hanussek nachhaltig. 2013 stand sie bei einer der regelmäßigen ordnungsbehördlichen Bestattungen zum ersten Mal vor dem Sarg eines getöteten Kindes, das nicht einmal einen Namen hatte.
Sie hat dem toten Jungen den hebräischen Namen Nathanael (Gabe Gottes) und damit Würde gegeben. Der Säugling wurde erst durch den Totenschein vom Standesamt erfasst – mit Geschlecht und Nachnamen. „Zu wenig für ein Menschenleben“, sagte die Seelsorgerin. Sie lässt nicht locker, setzt sich für getötete Kinder und ihr Recht auf einen Namen ein. Und sucht nun Mitstreiter für eine Gesetzesänderung in der Namensgebung. Als Pfarrerin erfährt sie viele Geschichten über verstorbene Seelen – die der Allerkleinsten sind wohl die bewegendsten.
„Niemand soll namenlos sterben“
„Es ist emotionaler bei Kindern.“ Getötet und ohne Namen, das müsse sich ändern. Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage werden diese Kinder auch offiziell keinen Namen erhalten. Zuzanna Hanussek will sie sich dafür einsetzen, dass der Gesetzgeber dies ändert. Ihr Standpunkt: „Niemand soll namenlos sterben.“
Werde ein Kind durch seinen „Sorgeberechtigten“ nach der Geburt getötet, so gelte die gleiche Regelung wie bei einem Kind, das nach der Geburt gestorben sei. Die 53-jährige Pfarrerin erklärt: „Der Gesetzgeber unterscheidet hier nicht zwischen dem natürlichen Tod und einem Tötungsdelikt. Bei einem Tötungsdelikt hat laut § 21 des Personenstandgesetzes ausschließlich der Sorgeberechtigte das Recht, einen Vornamen anzugeben. Leider ist es häufig der Fall, dass diejenigen, die das Kind getötet haben, die Existenz des Kindes sowie die Tat aus ihrem Gedächtnis löschen wollen. Dann erhält ein getötetes Kind keinen Namen mehr.“
Gesetz um einen besonderen Artikel ergänzen, um Recht zu sichern
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Hinzu komme, dass diese Kinder in den Urkunden des Standesamtes nicht als „getötete“, sondern als „verstorbene“ Kinder gelten. Meistens würden weder ein Sorgeberechtigte noch dessen Angehörige für eine würdevolle Beisetzung sorgen. In Gelsenkirchen werden diese Kinder, deren Alter zwischen drei Stunden und 14 Tagen liegt, durch Zuzanna Hanussek und ihren katholischen Amtskollegen, Pfarrer i.R. Hermann Zimmermann, begleitet. Sie geben einem toten Kind einen Namen, der auf dem durch Spenden finanzierten Grabstein erscheint.
„Dieser Name ist allerdings nicht offiziell anerkannt“, so Hanussek. Und daran müsse sich etwas ändern. Die Pfarrerin will sich dafür einsetzen, dass das Gesetz um den Artikel „Von Sorgeberechtigten getötete Kinder – besondere Regelung in der Namensgebung“ erweitert wird.