Gelsenkirchen. Der Betreuungsverein der AWO informierte vor rund 70 Interessierten in der Mimar Sinan Moschee über Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.

„Ein ungewohnter Ort für meinen Vortrag, aber das Thema kennt keine Grenzen von Geschlecht, Alter oder Kulturkreis“, unterstrich Kathrin Neisemeier am Sonntag im Gebetsraum der Mimar Sinan Moschee an der Bismarckstraße. Die Leiterin des Betreuungsvereins der AWO informierte über Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. „Viel zu wenig Menschen befassen sich mit dem Gedanken, ihre Wünsche für den Moment, in dem sie nicht mehr selbst bestimmen können, schriftlich festzuhalten. Das gilt auch für meinen eigenen Bekanntenkreis“, sagte Neisemeier. Was also, wenn zu den Hürden im Kopf noch sprachliche hinzukommen? Wenn die Behördenstrukturen anders sind als im Herkunftsland?

Hier eine Hilfe anzubieten war das Anliegen von Cevdet Duran. Der Vorsitzende der Moscheegemeinde hatte mit Bedia Torun von der Integrationsagentur der AWO den Vortrag organisiert und stieß auf erhebliches Interesse. Rund 70 Männer und Frauen blieben nach dem Mittagsgebet, um sich Neisemeiers Ausführungen anzuhören. Torun übersetzte die gesamte Veranstaltung in die türkische Sprache. „Die meisten hier verstehen natürlich deutsch, aber es ist so ein sensibles Thema, dass gewährleistet sein muss, dass man 100 Prozent versteht.“

Der Vorsitzende der Moscheegemeinde hat den Vortrag angeregt

Denn eine Patientenverfügung auszufüllen, eine Person zu nominieren, die an seiner Statt entscheidet, dass keine lebenserhaltenden Maßnahmen durchgeführt werden, dass keine Wiederbelebungsversuche unternommen werden, ist ein weittragender Entschluss. „Diese Person muss stark sein, muss loslassen können“, mahnte Neisemeier. Noch wichtiger sei es, sich mit der Tragweite der Vorsorgevollmacht auseinanderzusetzen. „Stellen Sie sich vor, von heute auf morgen sind sie unfähig ihre Geschäfte zu leiten. Auch wenn Sie jung sind, sie können einen Unfall haben.“ Eine Vielzahl von Menschen gehe irrtümlicherweise davon aus, dass Ehepartner, Eltern oder Kinder automatisch für die Regelung der Angelegenheiten einspringen können. „Das stimmt nicht, ohne vorliegende Vollmacht wird eine gesetzliche Betreuung angeordnet. Das heißt dann, ein Fremder, bestimmt die Geschicke in der Familie“.

Zwei Stunden dauerten Vortrag und die rege Diskussion danach. Vereinzelte Mitglieder hatten durchaus schon Vollmachten ausgefüllt und registriert, ihnen konnte Neisemeier detaillierte Fragen nach Änderungen beantworten. Für alle anderen lagen 30 Vordrucke in deutscher Sprache zur Mitnahme bereit. „Im Büro der Integrationsagentur gibt es zudem nochzweisprachige Exemplare“, informierte Bedia Torun.