Gelsenkirchen. Vierter Teil der Polizeiserie beschäftigt sich mit dem Fachkommissariat. Wegen steigender Einbruchzahlen hat die Polizei ein spezielles Ermittlerteam gegründet.

Im vierten Teil unserer Serie geht es um die Arbeit einer besonderen Dienststelle der Polizei Gelsenkirchen. Normal werden Einbrüche beim hiesigen Kriminalkommissariat 21 bearbeitet. Die Polizei Gelsenkirchen hat auf die steigende Zahl von Wohnungseinbrüchen reagiert und einen besonderen Arbeitsbereich ins Leben gerufen. Die „BAO WED“, die „Besondere Aufbauorganisation Wohnungseinbruchsdiebstahl“, sind in der Praxis „sieben Ermittler, die sich ausschließlich mit Wohnungseinbrüchen beschäftigen“, erklärt Markus Wahner

Anders als oftmals im Fernsehen dargestellt, so der 49-jährige Kriminalhauptkommissar weiter, tauchten bei bestimmten Einsätzen nicht gleich ein Dutzend Ermittler, mit dem Laptop unter dem Arm, auf.

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Dafür sind allein schon die Fallzahlen zu hoch. Im ersten Halbjahr 2015 sind bereits 785 Einbrüche aktenkundig geworden. Im Vergleich dazu waren es 2014 im selben Zeitraum 537 Fälle.

Einige Betroffenen ziehen um

Und in anderen Städten sieht es nicht besser aus, im Gegenteil. Stadtweit hat Gelsenkirchen 140 Kriminalbeamte, die sich mit den verschiedensten Straftaten und den dazugehörigen Ermittlungen beschäftigen. „Dem Einbruch lässt sich in der heutigen Zeit kaum aus dem Wege gehen“, sagt Markus Wahner. Und warum diese Straftat den Bürger so ins Mark trifft, auch dafür hat er eine anschauliche Erklärung. „Es trifft den Menschen in seinem ureigenen Sicherheitsgefühl“, so der Beamte.

„My home is my castle“, das alte geflügelte Wort ist heute mehr die seltene Ausnahme denn die gültige Regel. „Es kommt in Einzelfällen sogar vor, dass Betroffene umziehen, weil sie sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher fühlen. Ich habe es auch schon erlebt, dass eine ältere Dame aus Angst ihre Wohnung aufgibt und ins Heim geht.“ Bei Erfolgsmeldungen, wenn also der Täter gefasst und die Beute sichergestellt wird, klingeln bei der Polizei schnell die Telefone. Der Grund: Andere Einbruchsopfer fragen, ob denn vielleicht „ihr Schmuck, ihr Geld, ihr Erinnerungsstück“ auch wiedergefunden worden sei.

Täter werden in Zweier-Teams vernommen

In unserem geschilderten Fall sind nach der Fahndung die zwei Täter trotz Flucht dingfest gemacht worden – dank des schnellen Eingreifens der Polizei, aufmerksamer Zeugen, eindeutiger Spuren im Schnee und auch dank der Luftunterstützung per Helikopter. Was die Aufgabe der „BAO WED“ vereinfacht. Die Täter sitzen bereits im Gewahrsam, als der Tagesdienst seine Arbeit aufnimmt.

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Er beginnt spätestens um 7.30 Uhr und endet frühestens um 15.30 Uhr. Der (Einbruchs-)Fall muss bis zum Mittag bearbeitet worden sein, denn dann übernehmen die zuständigen Justizbehörden.

„Wir vernehmen die Täter meist in Zweier-Teams“, erklärt Markus Wahner. Mitunter kommt ein Dolmetscher hinzu, wenn die Täter ihre Wurzeln nicht in Deutschland haben – und das ist nicht so selten. Natürlich werden die Festgenommenen auch über ihre Rechte aufgeklärt. Was in etwa zehn Prozent der Fälle dazu führt, dass sich ein Beschuldigter einen Anwalt dazu holt. „Die wissen was so eine Aussage bedeutet und wägen Vor- und Nachteile genau ab. Meistens schweigen sie oder erzählen Quatsch – dass sie nur spazieren gegangen sind oder auf den Bus gewartet haben“, sagt Wahner, den das Pokerspiel seiner Gegenüber nicht anficht. Alltag eben.

Mit eindeutigen Beweisen den Täter überführen 

Die Ermittler tragen neben den Vernehmungen die Spuren und Zeugenaussagen zusammen. Auch der weggeworfene Schraubendreher, mit dem sich das Duo Zugang verschaffen wollte, ist ein wichtiges Detail. In Erle hat es neben dem Opfer zwei Zeugen am Tatort gegeben. „Ihnen wurden eine Reihe von Bildern vorgelegt, darunter ein Foto der Täter“, erklärt Markus Wahner das Prozedere.

Während die Zeugen zweifelsfrei die Täter herausfischten, scheiterte die geschädigte Frau damit. „Der Augenblick war zu kurz, der Schreck zu groß“, so Wahner wissend.“ Die eindeutigen Zeugenaussagen bilden jedoch einen sicheren Beweis. Dennoch werden alle anderen gesichert und ausgewertet.

Pro Kopf 130 bis 150 Fälle pro Jahr

Die Beamten nutzen das weggeworfene Werkzeug, um DNA- und Fingerspuren aufzunehmen. Die Hebelmarken am Fenster werden damit verglichen. Ebenfalls ausgewertet wurden die Fußspuren – über die Kollegen vom Erkennungsdienst. „Wir müssen so viele eindeutige Beweise wie möglich sichern, die dem Täter die Tat nachweisen. Fehlen sie“, sagt der Kriminalhauptkommissar, „könnte es sein, dass der Richter die Täter wieder laufen lassen muss.“

„Wir machen alles fertig, so dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht im Anschluss daran ihre Arbeit machen können. Was dort passiert, darauf haben wir keinen Einfluss mehr. Wir bekommen aufgrund der Vielzahl der Fälle nur bei den ganz außergewöhnlichen mit, was am Ende dabei ‘rumkommt.“

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Nachdem die Polizei ihre Arbeit erledigt hat, entscheiden die Staatsanwaltschaft und Richter, ob die Täter in Untersuchungshaft gehen. Haftgründe dafür müssen vorliegen. Etwa wenn Fluchtgefahr besteht, weitere Straftaten zu befürchten sind oder wenn auf Zeugen oder Beweismittel eingewirkt werden könnte. Der Jurist spricht da von „Flucht-, Wiederholungs- oder Verdunklungsgefahr“. In solchen Fällen ordnet das Gericht die U-Haft an und die Täter werden, wie bei dem Einbruch in Erle, in die Justizvollzugsanstalt gebracht.

Mit der Übergabe an die Justiz hat die Polizei nichts mehr mit dem Fall zu tun. Zurücklehnen können sich Markus Wahner und seine sechs Kollegen aber nicht. Pro Kopf warten 130 bis 150 weitere Fälle auf die Ermittler im Jahr. Ziel ist es, immer wieder die Straftaten aufzuklären und die Täter zu überführen. Eine Sisyphusarbeit. Die Aufklärungsquote lag 2014 bei etwa 13 Prozent.