Gelsenkirchen. . Immer mehr Fußgänger achten nicht auf den Verkehr, weil sie mit ihrem Handy beschäftigt sind. Das beklagen nun Gelsenkirchener Polizei und Bogestra.
„Das ist die Pest.“ Mit diesem drastischen Begriff kommentiert Bogestra-Vorstand Gisbert Schlotzhauer das große Problem, dass immer mehr Fußgänger von ihrem Handy oder Kopfhörer abgelenkt werden und damit schlimme Unfälle herbeiführen können. Bus- und Bahnfahrer klagen regelmäßig über diese Gefahr. So starb etwa ein 47-jähriger Fußgänger, als er die Gleise der Linie 301 im Bereich Münsterstraße/Johannes-Rau-Allee überqueren wollte. Er hatte die Straßenbahn nicht beachtet und Kopfhörer auf, als diese Richtung Süden fuhr. Der Fußgänger prallte mit dem Körper gegen die Fahrerkabine und wurde anschließend auf das Gegengleis geschleudert. Er starb noch am Unfallort an den Verletzungen.
Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns schätzt, dass im Betriebsgebiet „an jedem Tag mindestens ein Vorfall“ dieser Art passiert: Ein Bus oder eine Straßenbahn muss stark abbremsen, weil ein Fußgänger auf die Fahrspur tritt, der sich nur auf sein Handy oder die Musik aus seinem Kopfhörer konzentriert. Das sei „eine tagtägliche Erfahrung“. Meist bleibt es bei Beinahe-Unfällen, aber im Ruhrgebiet sind mehrere Menschen schon schwer verletzt oder getötet worden. „Auch für die Insassen des Fahrzeuges stellt das natürlich eine Gefahr dar, weil diese durch die Busse oder Bahnen schleudern können“, fährt Bruns fort.
In Herne ging zum Beispiel im März ein 48-Jähriger, der durchs Handy abgelenkt war, über die Straße und zwang einen Busfahrer zur Notbremsung: Sieben Schüler im Bus wurden teils schwer verletzt, einer erlitt einen Handbruch.
Handy im Straßenverkehr ist ein Problem
„Das Problem Handy im Straßenverkehr ist in den letzten zwei Jahren schlimmer geworden“, erklärt die Pressesprecherin der Bogestra. Auch Fälle, bei denen Fußgänger aus dem Bus oder der Bahn ausstiegen, mit dem Smartphone beschäftigt seien und dann die ankommenden Autos nicht beachten würden, seien keine Seltenheit.
Mittlerweile gibt es sogar ein Wort dafür: „Smombie“, eine Mischung aus „Smartphone“ und „Zombie“. Ein „Smombie“ ist ein Mensch, der durch Blicke aufs Handy nicht mitbekommt, was um ihn herum passiert.
„Blindgang“ ohne Blechkleid
Wie die Bogestra sieht auch die Polizei eine klare Zunahme dieser schleichenden Gefahr. Ein Autofahrer, der am Steuer eine SMS schreibe, verliere erwiesenermaßen zu 70 Prozent seine Aufmerksamkeit für den Verkehr; so als hätte er 1,1 Promille Alkohol im Blut. Auch auf Fußgänger ließe sich das übertragen. Und diese hätten bei ihrem „Blindgang“, anders als Autofahrer, keinerlei Blechkleid als Schutzschild.
„Im Frühjahr starten wir mit der Polizei eine Kampagne, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen“, so Bruns. Polizeisprecher Olaf Brauweiler teilt mit: „Das Thema steht weit oben auf unserer Prioritätenliste. Es ist schon erschreckend, wie viele Menschen beim Überqueren der Straße den Blick nicht vom Handy lassen können.“