Herne.. Polizei und Bogestra beklagen, dass immer mehr Fußgänger wegen des Telefonierens und des Tragens von Kopfhörern nicht mehr auf den Verkehr achten.

„Das ist die Pest.“ Mit diesem drastischen Begriff kommentiert Bogestra-Vorstand Gisbert Schlotzhauer das große Problem, dass immer mehr Fußgänger von ihrem Handy oder Kopfhörer abgelenkt werden und damit schlimme Unfälle herbeiführen können.

Bus- und Bahnfahrer klagen regelmäßig über diese Gefahr. In Herne hat es bereits den ersten schweren Zwischenfall gegeben. Bogestra und Polizei wollen bald vorbeugend aktiv werden – durch strafende und aufklärende Aktionen.

Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann schätzt, dass im Betriebsgebiet „an jedem Tag mindestens ein Vorfall“ dieser Art passiert: Ein Bus oder eine Straßenbahn muss stark abbremsen, weil ein Fußgänger auf die Fahrspur tritt, der sich nur auf sein Handy oder die Musik aus seinem Kopfhörer konzentriert. Das sei „eine tagtägliche Erfahrung“. Meist bleibt es bei Beinahe-Unfällen, in Herne jedoch sind mehrere Menschen durch diese „Pest“ schwer verletzt worden. So ging ein 48-Jähriger, der durchs Handy abgelenkt war, einfach über die Straße und zwang einen Busfahrer zur Notbremsung: Sieben Schüler im Bus wurden teils schwer verletzt, einer erlitt einen Handbruch.

„Es ist erschreckend“, sagt Polizeihauptkommissar Siegfried Klein gestern auf Anfrage der WAZ. Der Leiter der Verkehrsunfallprävention erwähnt das neudeutsche Wort „Smombie“: eine Mischung aus „Smartphone“ und „Zombie“. Ein Smombie ist ein Mensch, der durch Blicke aufs Handy gar nicht mehr mitbekommt, was um ihn herum passiert. Innerhalb der Busse und Bahnen kann einem als Smombie nicht viel passieren. Aber wenn ein Smombie aus- oder einsteigt und über die Straße läuft, kann er ganz schnell tot, verstümmelt oder anderweitig schwer verletzt sein – und auch andere sehr gefährden.

Wie die Bogestra sieht auch PHK Klein eine klare Zunahme dieser schleichenden Gefahr. Ein Autofahrer, der am Steuer eine SMS schreibe, verliere erwiesenermaßen zu 70 Prozent seine Aufmerksamkeit für den Verkehr; so als hätte er 1,1 Promille Alkohol im Blut. „Ich könnte mir vorstellen, dass das auch auf Fußgänger zu übertragen ist. Und diese hätten bei ihrem „Blindgang“ anders als Autofahrer keinerlei Blechkleid als Schutzschild.

„Blindgang“ ohne Blechkleid

Im April werden Bogestra, Verkehrswacht und Polizei am Hauptbahnhof auf einem Aktionstag konkret über die Gefahren aufklären. Ein Aktionstag sei auch in Herne denkbar, sagt ein Polizeisprecher auf Anfrage. Außerdem werden dann „Smombies“, die über Rot gehen, von Zivilbeamten zur Kasse gebeten. Auch bei der HCR ist das Problem längst bekannt: So machten die Fahrer immer öfter die Beobachtung, dass manche Verkehrsteilnehmer so laut Musik - per Kopfhörer - hören, dass sie Umweltgeräusche nicht mehr wahrnehmen.