Gelsenkirchen. Versuchter Totschlag oder ein Unfall? Nach einem fast tödlichen Stich muss sich ein 32-Jähriger vor dem Schwurgericht verantworten.

Wodka, Whiskey, Streit. Es ist ein heftiges Trinkgelage, das den Zechkumpan Andrzej G. (23) vor das Essener Schwurgericht geführt hat. Seit Mittwoch muss er sich wegen versuchten Totschlags verantworten, weil er seinem Freund am 14. Mai ein Küchenmesser in den Bauch gerammt haben soll.

Laut Anklage hat der hagere Mann am Tattag schon mittags mit dem Trinken angefangen. Whiskey und Bier schüttete er in sich hinein. Abends ging es dann weiter in der Wohnung seiner Freundin mit einem neuen Freundeskreis, darunter das spätere Opfer. Sie wechseln noch einmal in eine andere Wohnung, zwei Flaschen Wodka kreisen. Bei der Tat um Mitternacht wird Andrzej G. 2,98 Promille Alkohol im Blut haben, sein Opfer sogar 3,8 Promille.

Reden können sie trotz der hohen Werte immer noch. Schnell kommt es aber laut Anklage zum Streit. Unvermittelt sei der Angeklagte aufgesprungen, habe seinen Freund zu Boden gestoßen. Dann soll er aus der Küche ein Messer mit einer 20 Zentimeter langen Klinge in den Bauch gestoßen haben. Acht Zentimeter tief ist die Wunde – und lebensgefährlich. Nur dank einer Notoperation wird das Leben des Opfers gerettet.

Aussage beim Haftrichter

Warum er zustach? Andrzej G. schweigt dazu vor dem Essener Gericht. Sein Verteidiger Sven-Henning Neuhaus: „Heute wird er nichts sagen, erst am dritten Verhandlungstag.“ Es werde noch Zeit benötigt, um die Aussage vorzubereiten.

Beim Haftrichter war der Angeklagte im Mai auskunftsfreudiger. Richter Andreas Labentz verliest das Vernehmungsprotokoll. Gleich zu Anfang weist der Angeklagte die Schuld von sich: „Es war ein Unfall. Ich wollte es nicht tun.“ Die anderen hätten ihn geschlagen. Das Messer hätte er geholt, um den anderen einen Schreck einzujagen. Dass der andere verletzt wurde, sei Zufall: „Ich weiß nicht, ob ich stach oder er rein lief.“ Ein Motiv für den Streit nennt er auch beim Haftrichter. Als er Anfang des Jahres in U-Haft saß, hätte der andere Andrzejs Freundin angeboten, mit ihr zu schlafen. Deshalb hätte er ihn zur Rede gestellt. Die Antwort des Freundes: „Ich wusste nicht, dass du schon rauskommst.“