Gelsenkirchen. Mit Blick auf die Entsorgung der Rostasche-Berge im Hafen Grimberg erheben die Hauptverantwortlichen gegenseitig Vorwürfe. Eine Bestandsaufnahme.

Das Ringen um das für die Stadt und die HBU desaströse Rostaschenproblem geht weiter. Jürgen Becker, Geschäftsführer der Heinrich Becker GmbH und sein Anwalt Fred Fiestelmann verkünden eine Lösung. Zur Becker-Gruppe gehört die HBU, die Heinrich Becker Umwelttechnik GmbH am Hafen Grimberg. Am 1. November wird gegen die HBU ein Insolvenzverfahren eröffnet. Großentsorger Remondis hat eine Arbeitsgemeinschaft mit der HBU, sieht sich aber nicht in der Mitverantwortung.

Der Betreiber HBU

Verursacher der Misere sind laut Becker und Fiestelmann der Partner Remondis und die RWE Generation/Technology, Letztere betreibt das Müllheizkraftwerk Karnap (MHKW), aus dem die Rostasche, 380. 000 Tonnen, stammt.

Asche mit höheren Schadstoffwerten muss deponiert werden, dafür falle vertraglich festgelegt eine höhere Vergütung an. Für die Verwertung (Straßenbau) gebe es ca. drei Euro pro Tonne, für die Deponierung (auf „Pluto“) das Zehnfache. Aber: „Trotz eines Gutachtens zur Deponierungspflicht weigern die Beteiligten sich, die Vergütung zu zahlen.“ Remondis und die HBU handeln dennoch „gerade einen Vergleich aus“. Der Betrag reiche, um die Entsorgung zu begleichen. Zielraum: Ende Oktober. Botschaft: Bald ist die Asche passé.

Weitere Vorwürfe

Becker und Fiestelmann erheben zusätzliche Vorwürfe: Im MHKW würden neben Hausmüll auch deutlich stärker belastete Filterstäube/-schlämme verbrannt und der HBU als Rostasche geliefert – daher letztlich die hohen Kosten. Becker-Mitarbeiter, an RWE ausgeliehen, hätten dieses Prozedere mitbekommen.

Auch die Stadt kommt nicht gut weg. Die Klage: Ausgerechnet nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nach 30 Betriebsjahren habe sie die Sicherheitsleistung für die lange vorher beantragte Kapazitätserweiterung (5. Februar 2014) auf 20 Millionen Euro festgesetzt. Dabei kann laut HBU von einer Mengenüberschreitung nicht die Rede sein. Zwar gebe es für die Rostasche-Aufbereitungsanlage eine Höhen- und Mengenbegrenzung, nicht so aber für die Bauschuttanlage. „Dort dürfen Rostaschen verarbeitet und gelagert werden; und zwar ohne Begrenzungen.“ Botschaft: alles rechtens.

Der Partner Remondis

Michael Schneider, Sprecher von Remondis, äußert sich ganz anders: „Nur informelle Gespräche haben bislang stattgefunden.“ Ergebnis: Remondis weist sämtliche Nachforderungen der HBU zurück. Bis heute habe die HBU keine belastbaren Hinweise auf die höheren Schadstoffwerte geliefert. Das Gutachten sei nicht aussagekräftig.

Remondis selber habe nach dem Verdacht der Mengenüberschreitung die Behörden informiert und bereits am 28. März 2014 eine Ersatzvornahme anberaumt. 166. 000 Tonnen Material sind laut Remondis vom Hafen Grimberg abgefahren und der Verwertung zugeführt worden. Die Analysen dazu hätten keine Grenzwertüberschreitungen erkennen lassen.

Von den aktuell im Grimberger Hafen liegenden Mengen entfallen laut Remondis 150 .000 Tonnen auf die Asche aus Karnap. Der Rest des Materials stamme woanders her, vielleicht aus Hagen. Botschaft: Ein Vergleich ist nicht in Sicht.

Zum Verständnis: RWE hat den zu Ende 2014 auslaufenden Vertrag mit Becker nicht verlängert.

Die Verwaltung

Dr. Gerhard Osadnik vom Umweltamt kontert die Darstellung der HBU: „Für die Bauschuttanlage gilt ein Durchsatzlimit.“ Und es dürfe nur Rostasche mit bestimmter Körnung dort länger gelagert werden. Den Millionenbetrag erklärt Osadnik so: „Wir sind bestrebt, dass nicht die öffentliche Hand Nachsorge betreiben muss.“ Außerdem handele es sich um einen Vorschlag, nicht um eine Anordnung. Zum Stand des Antrags: Kleinigkeiten wie Maße oder einige Skizzen fehlten, das Gutachten sei da. Botschaft: Es gibt doch eine Mengenüberschreitung.

Die Aufsichtsbehörde

Die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf erklärt, dass sie bei den Inspektionen in Karnap „einen ordnungsgemäß geführten Betrieb vorgefunden hat“. Auch aus der elektronischen Fernüberwachung lägen alle Meldungen im Rahmen des Tagesgeschäftes. „Es können keine Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten festgestellt werden.“

Die MHKW-Betreiberin

Nach Angaben von RWE Generation hat das MHKW die Erlaubnis, „Klärschlamm zu verbrennen“, so ein Sprecher. Das war von der HBU angezweifelt worden. Und weiter: Auffällige Grenzwertüberschreitungen habe es nicht gegeben. Das Abfallkraftwerk RZR Herten der AGR, neuer Vertragspartner von RWE, teilt mit: „Die Qualitäten der Schlacken aus dem RZR und dem MHKW unterscheiden sich nach unseren regelmäßigen Analysen nicht substanziell.“ Botschaft: alles bestens.