Gelsenkirchen. Nur der Aufmerksamkeit von zwei Taxifahrern verdankt es eine 83-Jährige aus Gelsenkirchen-Buer, nicht um 10.500 Euro betrogen worden zu sein.

Über den Enkeltrick zu schreiben, ist für Journalisten keine Seltenheit. Es gibt aber immer wieder Varianten, die sorgen für Erstaunen. So wie diese Geschichte, ein echtes Kriminalstück, in dem die Brüder Ömer (36) und Ayhan (37) Yanik aus Ückendorf die Hauptrolle spielen. Nur der Aufmerksamkeit der beiden Taxifahrer ist es zu verdanken, dass eine 83-jährige Dame aus Buer am Dienstag nicht um 10.500 Euro erleichtert wurde.

Bei Frau K. meldete sich an diesem besagten Tag telefonisch ein Mann. Die Botschaft: Ihr Enkel brauche Geld. Er sei in Krefeld, und das könne am besten mit einer Taxifahrt geregelt werden. Den Auftrag erhielt um ca. 13.50 Uhr das Taxiunternehmen Yanik mit Sitz an der Hattinger Straße 51.

Die Anfrage bezog sich auf eine Kurierfahrt von Buer nach Krefeld. „Das ist kein ungewöhnlicher Auftrag für uns. Anwaltskanzleien nutzen das, um beispielsweise wichtige und eilige Dokumente zu transportieren“, schildert Ayhan Yanik der WAZ am Mittwoch. Der Kunde wollte sich schnellstmöglich wieder melden, sobald der Brief transportbereit sei. Was in dem Brief war, wussten die Yaniks nicht.

Mehrfach die Situation besprochen

Um 14.30 Uhr kam das Okay. Ömer Yanik fuhr zur genannten Adresse und wartete dort auf Frau K. Die übergab ihm schließlich einen zugeklebten DIN-A4-Umschlag. Eine Zieladresse wusste die 83-Jährige nicht. „Sie sagte meinem Bruder, die würde er unterwegs telefonisch mitgeteilt bekommen.“ Das Verhalten der Seniorin, ihre Aufgeregtheit kam Ömer Yanik schon zu diesem Zeitpunkt komisch vor. Merkwürdig war auch, dass er von Frau K. 500 Euro für die Fahrtkosten erhielt. Den Rest solle er bitte am Zielort auszahlen.

Zwischenzeitlich rief der Auftraggeber im Taxiunternehmen an und nannte die Zieladresse. Auf dem Weg nach Krefeld telefonierten die Brüder Yanik mehrfach und besprachen die Situation, zumal der Auftraggeber sich bis dahin immer mit unterdrückter Rufnummer gemeldet hatte. „Wir wollten ja nicht wie die Deppen dastehen, wenn doch alles in Ordnung ist. Aber schließlich entschieden wir uns, die Polizei einzuschalten.“ Ömer Yanik drehte in Krefeld um und fuhr zur Polizei nach Moers, schilderte dort seine Vermutung, fand aber keinen Glauben. Dafür aber reagierte die Kriminalpolizei in Gelsenkirchen richtig, die mittlerweile telefonisch ebenfalls in Kenntnis gesetzt worden war. Nach Absprache mit seinem Bruder und der Kripo fuhr Ömer Yanik zurück nach Gelsenkirchen, ohne den Umschlag abzuliefern.

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„Das war für mich der Beweis“

Ayhan Yanik schildert: „Der Auftraggeber, er hatte sich am Telefon als der angebliche Enkel bezeichnet, rief in der Zwischenzeit mehrmals bei mir an, um zu fragen, wo denn das Taxi bleiben würde. Ich habe ihn dann zuerst aufgefordert, mich mit erkennbarer Nummer anzurufen, weil das normal wäre für Kurierfahrten. Vielleicht tauchten ja am Zielort Fragen auf, die beantwortet werden müssten. Dann müssten wir den Auftraggeber anrufen können. Da bekam ich die Nummer von Frau K. Dann habe ich ihn spontan gefragt, wie denn seine Oma heißen würde. Da hat er nur gestammelt. Das war für mich so etwas wie der endgültige Beweis, dass da etwas nicht stimmen kann.“

Die Telefonnummer reichten die Yaniks an die Polizei weiter. Die Kripo nahm Kontakt zu Frau K. auf und klärte schnell: „Ja, es handelt sich offenbar um eine Straftat. Es handelt sich um den Enkeltrick.“ Daraufhin fuhr Ömer Yanik zur Wache Süd an der Wildenbruchstraße.

Das Lob der Polizei war Ömer und Ayhan Yanik sicher. Der Betrüger ging allerdings nicht ins Netz. Die Überlegung, das Taxi mit einem Polizeibeamten nach Krefeld zum Übergabeort zu schicken, platzte, weil der vermeintliche „Enkel“ zwischenzeitlich Frau K. angerufen hatte, um zu fragen, wo der Wagen denn bliebe. Ayhan Yanik: „Leider hat sie ihm in der Aufregung gesagt, dass der Fahrer gerade zur Polizei fahren würde. Danach war die Leitung tot.“

In der Polizeiwache Süd erhielt Frau K. die 500 Euro für die Fahrt zurück und den zugeklebten Umschlag, in dem sich 10.000 Euro befanden.