Gelsenkirchen. . Es war ein musikalischer Dialog zwischen alter und neuer Welt, geführt über 100 Jahre. Der NPW um Rasmus Baumann gelang ein furioser Saisonauftakt.
Paukenschlag und Posaunenfanfaren, aufgewühlte Streicher – ein Klangbild, wie der atlantische Ozean in Herbststürmen, Szenerie unzähliger Aufbrüche von Hoffnungsfahrten ins Land der unbegrenzten Möglichen – Antonin Dvoraks Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ ist am Montagabend ein malerisch metaphorischer Auftakt der Neuen Philharmonie Westfalen zur Saison 2015/2016.
Kraftvoll und energiegeladen das Dirigat von Generalmusikdirektor Rasmus Baumann, der seine Musiker punktgenau aus der Sommerpause abholt. Die mitreißenden Themen im ersten und vierten Satz offenbaren die Leidenschaft eines jeden einzelnen Orchestermitglieds. Zart und leise folgen sie ihrem Dirigenten durch die träumerischen Melodien des „Largo“, von Dvorak angelehnt an Volksweisen seiner dreijährigen Wahlheimat USA. Minutiös kostet Baumann jeden einzelnen Takt aus, weiche Handbewegungen wechseln mit resolut geballter Faust – das Ergebnis ist ein umfassendes Klangerlebnis. Durch die deutsche Orchesteraufstellung schließen die ersten und zweiten Violinen das Gesamtensemble mit Macht in eine rauschende Umarmung.
Entführung an den breiten Strand des Mississippi
Musik mit „stars and stripes“ steht schon zu Beginn des Abends im Fokus. „Prelude and Fugue on Dixie“ von Jaromir Weinberger entführt an den breiten Strand des Mississippi, Klarinette und Triangel erinnern an romantische Filme mit Schaufelraddampfer und früher Jazz-Musik. Doch der Orgelschüler von Max Reger hat auch komplizierte Fugen und Wendungen eingebaut, die mit teils surrealen Zügen in eine moderne Richtung weisen. Mit „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 d-moll“ zeigen Rasmus Baumann und Solist Thomas Duis die explosive und innovative Kompositionsweise des Amerikaners Edward MacDowell.
Dramatik pur mit irrwitzigen Tempi, effektvollen Fingerläufen und in Stein gemeißelten Akkorden – und das alles ein Jahrzehnt vor Rachmaninow! Duis begeistert das Publikum mit seinem virtuosen Wechselspiel mit dem Orchester gerade auch in den melancholisch verträumten Passagen. Ein schönes Geschenk seine Zugabe von Claude Debussy. Am Ende des Abends stehende Ovationen für Baumann und seine NPW – und sicher viel Neugier auf die spannende kommende Saison eines Sinfonieorchesters, das sich selbst immer wieder übertrifft.