Gelsenkirchen. Aus Sicht des CDU-Ortsvorsitzenden Röttgen läuft im Stadtteil vieles falsch. Die Fehlentwicklungen basieren zum Teil auf Jahrzehnte alten Entscheidungen.

Peter Röttgen ist Schalker aus Überzeugung, er ist auch Lokalpolitiker, sitzt in der Bezirkvertretung und führt seit über zwölf Jahren den Vorsitz der CDU in Schalke-Nord – eine Kombination, die ihn als Betroffenen, aber eben auch politischen Akteur und Handelnden auf die Entwicklung vor Ort schauen lässt. Und die ist aus der Sicht des 60-Jährigen desaströs. „Nach Ansicht des CDU Ortsverbands“, sagt Röttgen, „ist seit Jahrzehnten im Stadtteil Schalke-Nord alles falsch gemacht worden, was man falsch machen konnte“

Beispiel Kurt-Schumacher-Straße: Die zweispurige Straße zwischen geschlossenen Häuserfronten lässt kaum Entwicklungsmöglichkeiten. Die Bürgersteige sind streckenweise schmal, ein Fahrradweg ist auf einem Teilstück zwischen Berliner Brücke und dem ehemaligen Bahnhof von Schalke-Nord nicht vorhanden. Die Planung von einst bedinge die heutige Feinstaubproblematik, glaubt Röttgen.

Keine neuen Erkenntnisse

Beispiel Berliner Brücke. Dass die Stahlhochstraße den Stadtteil vor 50 Jahren radikal trennte, ist keine neue Erkenntnis – doch die Folgen sind dauerhaft. Die Entwicklung in Schalke und Schalke-Nord, meint Röttgen, driftete auseinander, zu sehen sei das auch am Gemeindeleben gewesen. „Beide Konfessionen haben in den Stadtteilen Kirchen und Gemeindehäuser betrieben“, im Ergebnis habe das zur Aufsplitterung beigetragen. „Heute ist das Gemeindeleben bis auf einen kleinen Rest auseinander gegangen, ein Teil geht nach Sutum oder Schalke.“

Beispiel „Chemische Industrie Schalke“: Die alte, stark kontaminierte Industriebrache wurde für eine Neuansiedlung saniert – oberflächlich zumindest. „Für die Nutzung hat der Ortsverband eigene Vorstellungen entwickelt. Nämlich an der A42 einen Autohof mit einem Hotel, Tankstelle, Schnellimbiss und Einkaufsshop zu bauen, möglichst als Raststätte für Lkw und Pkw, denn die Lastwagen parken heute noch teilweise auf der Alfred Zingler Straße. Auf der A 42 gibt es vergleichbares nicht.“

"Für Schalke-Nord blieb nur wenig"

Die Pläne, so Röttgen, waren aus Sicht der Verwaltung nicht realistisch. Auch eine Ikea-Ansiedlung hätte der Ortsverband begrüßt. Aber der Möbelriese zieht bekanntlich nicht nach Schalke. Ein Großteil der etwa 80.000 Quadratmeter großen Gewerbefläche wurde im November 2014 von der Deutsche Lagerhaus Gesellschaft gekauft, die dort im laufenden Jahr einen Standort für einen Logistiker mit immerhin 200 Arbeitsplätzen aufbauen wollte. Allein: Die Vollzugsmeldung steht immer noch aus.

Beispiel Stadtteilprogramm: Von 1995 bis 2004 wurde das Stadtteilprogramm Bismarck / Schalke – Nord mit Bundes-, Landes- und städtischen Mitteln ins Leben gerufen und gefördert. „Liest man die Chronologie der Erneuerung durch, gingen zumindest die baulichen Projekte vornehmlich nach Bismarck“, findet Röttgen. „Für Schalke-Nord blieb nur wenig.“

Das Vereinsleben funktioniert noch

„Ein Vereinsleben ist Gott sei Dank auch heute noch in Schalke Nord umfangreich vorhanden. Teutonia Schalke, Schützenverein, Ruderverein oder S04 Fanclubs“, zählt Röttgen auf. Ansonsten sei das soziale Umfeld schwierig geworden. Der Leerstand ist hoch, Immobilieneigentümer „können heute ihre Mietwohnungen und Ladenlokahle kaum noch vermieten. Und wenn, nur zu sehr ungünstigen Mietpreisen, so dass eine Rentabilität nicht mehr vorhanden ist.“

Es fehlt eine Apotheke und ansprechender Einzelhandel, meint Röttgen. „Ältere Leute ohne Auto müssen zu Fuß zur Schalker, Magdeburger oder Uferstraße gehen.“

Für eine Revitalisierung des Stadtteils ist aus Röttgens Sicht der Aufkauf von Schrottimmobilien und die Reduzierung der Immissionen auf der Kurt-Schumacher-Straße nötig, zudem die „Errichtung eines öffentlichen Platzes, die Belebung des Einzelhandels, die Sanierung der Straßen und die Förderung der Vereine, die eine Menge für die Jugendarbeit leisten“.