Gelsenkirchen. Zum Nationalen Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige trafen sich gestern Angehörige und Betroffene zum Gottesdienst in der Propsteikirche St. Augustinus.

Seit 1998 findet in Deutschland der nationale Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige am 21. Juli statt. Bundesweit soll sich an diesem Tag offiziell, denen entsonnen werden, die auf verschwiegenem Wege gegangen sind, die vor ihrem Tod oft am Rande der Gesellschaft lebten, meist keinen Kontakt mehr zu Familie und Freunden hatten.

In der Katholischen Propsteikirche St. Augustinus wurde deshalb aus diesem Anlass zum zweiten Mal ein Gottesdienst gehalten. Etwa 45 Leute fanden sich in der Kirche ein. Die Bänke im vorderen, kleinen Bereich des Kirchenschiffs, direkt hinter dem Altar, waren voll besetzt, einige Gäste saßen auf den Treppen direkt dahinter, um ebenfalls möglichst gut hören zu können.

„Zum größten Teil sind es Betroffene, die jemanden verloren haben oder Betreuer, die mit Suchtkranken arbeiten, die heute hier gemeinsam gedenken. Ich halte diesen offiziellen Termin für äußerst wichtig, da gerade diese Menschen meist einfach vergessen werden“, sagt eine anwesende Bewährungshelferin.

Norbert Labatzki spielte andächtige Lieder

Zur Eröffnung spielt Norbert Labatzki andächtige Klänge auf der Trompete, dann treten die Mitarbeiterinnen von Arzt Mobil Gelsenkirchen e.V. und dem Caritasverband Gelsenkirchen gemeinsam nach vorne.

Karin Schneider, Psychosoziale Beraterin bei Arzt Mobil, beginnt mit einem Zitat Immanuel Kants: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.“ Und sagt weiter: „Darum geht es heute: Um das nicht Vergessen.“ Dann beginnt Pfarrer Ingo Mattauch den Gottesdienst mit einer Lesung aus der Bibel. Besonders emotional wird es, als eine Betroffene ein Gedicht vorliest, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter verfasste. Die junge Frau bricht zwischendurch ab, muss weinen, und auch in den Kirchenbänken wird ein mitfühlendes Schluchzen hörbar.

Als dann die Namen der in einem Jahr verstorbenen Suchtkranken vorne vorgelesen werden, können viele ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Die Mitarbeiterinnen von Arztmobil und Caritas lesen immer je 15 Namen laut vor, dann wird eine Kerze angezündet und Rosen vorne abgelegt.

Bekannte zeigen ihre Trauer

Wenn ein bekannter Name vorgetragen wird, springen Bekannte aus den Bankreihen auf und gehen sofort nach vorne, ihre Rosen, die schon vor dem Gottesdienst draußen verteilt wurden, fest umklammert. Manchmal steht auch niemand auf, dann zünden die Betreuerinnen ein Licht und legen eine Rose für die Verstorbenen ab. Insgesamt werden 131 Namen vorgelesen. Dann singen alle zusammen, begleitet von Labatzki an der Gitarre. „Ich vermisse Uwe so sehr“, flüstert eine der Anwesenden zwischendurch einem Mann ins Ohr.

Nach knapp einer Stunde gehen dann alle ins Augustinusstübchen, um sich bei Kaffee und Kuchen zu unterhalten und die Andacht noch mal Revue passieren zu lassen.