Gelsenkirchen. Die Marienhospitäler kochen weiterhin gegen den Trend. An zwei Standorten werden täglich rund 1600 Essen frisch zubereitet.

Später Vormittag, die Schlagzahl in der Küche wird hochgefahren, Teller für Teller gefüllt: Kartoffeln, Möhren und Erbsen, Frikadelle, ein Schuss Soße drüber, Gebäck und Nachtisch aufs Tablett, Thermodeckel drüber, der Nächste bitte.

Rund 1000 Mahlzeiten werden im Verlauf des Tages die Küche verlassen – für das Marienhospital, für eine nahe Kita und natürlich die Cafeteria im Haus. Vollkost, vegetarische Gerichte, leichte Kost, Diabetiker-Essen, aber auch cholesterinarme Gerichte oder Essen für stillende Frauen werden bereitet, ausgewählt aus fünf Menüs an 365 Tagen im Jahr, überwacht von Diätassistentinnen. Im Stadtnorden ist die Schlagzahl ähnlich hoch. Vom Sankt Marienhospital Buer aus werden für die Stationen, aber auch zwei Kindertagesstätten und ein Altenheim täglich rund 600 Essen produziert. Zwei Häuser, zwei Krankenhausküchen – im Krankenhausalltag ist das längst nicht mehr der Normalfall. Andere setzen zunehmend auf Caterer, die Marienhospitäler auf ihre eigenen Küchencrews. Essen wird hier auch zur Systemfrage.

„Im Schnitt eine 2,0. Das halte ich für ordentlich“

„Wenn wir ein Schnitzel in der Pfanne haben, ist das in spätestens 15 Minuten beim Patienten. „Jeder Meter und jede Minute, die vom Gast entfernt produziert wird, bedeutet einen Qualitätsverlust“, sagt Küchenchef Sven Clasvogt. Von Essen, die über zig Kilometer zum Ziel gekarrt werden, auf entkoppelte Gar-Methoden, auf fast alles, was die Industrie möglich macht, verzichtet man hier bewusst.

Neben medizinischer Versorgung und Pflegeleistung ist aus Sicht der Kliniken die Qualität der Küche ein Wohlfühl-Faktor für Patienten und zum Teil auch entscheidend für die Krankenhauswahl. „Einmal im Jahr bei der Schwerpunktbefragung bekommen die Küchen beider Häuser im Schnitt eine 2,0. Das halte ich für ordentlich“, sagt Clasvogt, der sich nach „zwölf Jahren Arbeit für einen Caterer bewusst für diese Küche entschieden hat, weil der Weg, wie er hier gegangen wird, beibehalten wird.“ Seit vier Jahren leitet Clasvogt die Küche in Ückendorf, seit über 20 Jahren ist Dieter Kluttig der Küchenchef in Buer. 25 Mitarbeiter hat der Betrieb hier, 37 sind es im Süden. Eingekauft wird gemeinsam. „Wir versuchen, regionale Produkte und Ware von ortsansässigen Fleischern und Gemüselieferanten zu beziehen“, betont Kluttig. Convenience, also Teil-Fertignahrung, komme nur in engen Maßen zum Einsatz. „Zum Beispiel im Salatbereich. Der kommt verteilfertig an, das macht einfach Sinn“, findet Kluttig.

Für Patienten mit Kau- und Schluckbeschwerden wird in Buer zudem vollwertige Kost appetitlich zubereitet. Da sieht dann ein Kotelett wieder aus wie ein Stück Fleisch“, so Kluttig. „Es muss schon passen. Wenn einer den Deckel hebt und sieht nur drei Kleckse. dann hat er ja schon keinen Hunger mehr.“

„Caterer sind im Vergleich nicht viel günstiger“

Über 160.000 BKT (das Kürzel steht für „Beköstigungstag“) wurden 2014 im Marienhospital gezählt, Küchenchef Sven Clasvogt rechnet mit einem Wareneinsatz von bis „zu 160 Tonnen allein für unsere Patienten“. Auf 135.000 BKT kommt das Hospital in Buer.

Mit einem eigenen Aufzug für die Ver- und Entsorgung landen die Speisen-Wagen auf den Stationen. Abgetrennt von den Kochbereichen wird das Geschirr gesäubert. Die Bandspülmaschine sorgt mit einer Laufzeit von mindestens fünf Minuten bei über 75 Grad für die thermische Desinfektion.

Flexibilität vor Ort, auch auf individuelle Sonderwünsche leichter reagieren zu können, zeichnet für Küchenleiter Dieter Kluttig die Essensbereitung in der eigenen Krankenhausküche aus. Caterer, glauben beide Köche, seien im Vergleich „auch nicht viel günstiger“ als die hauseigenen Betriebe. Warum sich dann immer mehr Kliniken wie jetzt auch das Bergmannsheil in Buer mit der Kinder- und Jugendklinik sowie der Rehaklinik Berger See von der Gemeinschaftsküche verabschieden, hat aus ihrer sicht andere Gründe: „Eine Zentralküche zum Beispiel neu einzurichten, kostet acht bis zwölf Millionen Euro. Nutzt man die Fläche anders für medizinische Dienstleistung, bringt das mehr Geld ein.“