Gelsenkirchen. Sein Schlichtungsversuch in einem Familienstreit kam einen Gelsenkirchener teuer zu stehen. Er wurde selbst attackiert. Die Schläger stehen nun vor Gericht.
Hat es wirklich etwas mit „Ehre“ zu tun, wenn ein Vater seiner „Schwiegertochter“ seine „Moral“ aufzwingen will? Genau das wirft die Staatsanwaltschaft einem 45 Jahre alten Gelsenkirchener vor, der seinem Sohn die Frau zurückholen wollte. Auf Mordversuch lautet die Anklage vor dem Essener Schwurgericht. Verantworten müssen sich Vater Karl und Sohn Gino (25) B..
Opfer der eigentlichen Tat sind nicht einmal die „Schwiegertochter“ oder ihr neuer Freund, sondern ein Nachbar, der vermittelnd eingreifen wollte, als Vater und Sohn vor dem Mehrfamilienhaus in Ückendorf aufkreuzten.
Vater wollte die Familienehre wieder herstellen
Dieser Mann soll mit einem Totschläger niedergeschlagen und von beiden getreten worden sein. Ein Familienstreit, denn Gino B. lebte einige Zeit mit seiner Cousine zusammen. Im Gegensatz zu anderen Familienmitgliedern galt für Vater Karl B. diese Beziehung laut Anklage als Ehe nach Sinti-Art, ihr Fortbestand also als Frage der Ehre.
Die Cousine soll sich in dieser „Ehe“ aber bedroht gefühlt haben und deshalb geflüchtet sein. Das hätten der Verlassene und sein Vater nicht hinnehmen wollen. Am Abend des 20. Dezember seien sie deshalb mit einer Taxe zu dem Haus in Ückendorf gefahren. Lautstark hätten sie mit Schlägen gegen den Rollladen der Erdgeschosswohnung Einlass begehrt, damit der neue Freund der Frau mit Gino B. kämpfe. Karl B., der nur noch ein Bein hat, soll dabei seine Krücke eingesetzt haben.
Opfer musste mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus
Ein Nachbar, der die Lage beruhigen wollte, nachdem er die Polizei alarmiert hatte, sei das Opfer des Familienstreites geworden. Vater Karl B. soll ihm zunächst gedroht haben: „Hau ab, sonst schlage ich dir den Schädel ein.“ In der Anklage heißt es weiter, Gino B. hätte sich von hinten dem Nachbarn genähert und zum Vater gerufen: „Jetzt bringe ich ihn um.“
Erst als der Senior dies bejahte, hätte er dem anderen Mann den Totschläger über den Kopf gezogen. Als der Nachbar am Boden lag, sollen Vater und Sohn ihn weiter geschlagen haben, der 45-Jährige hätte dazu seine Krücke eingesetzt. Mit schweren Kopfverletzungen wurde das Opfer ins Krankenhaus gebracht.
Am Montag wird vor dem Schwurgericht nur die Anklage vorgelesen. Schwere gesundheitliche Probleme des 45-Jährigen sorgen dafür, dass er aus der Haft kommt, um sich behandeln zu lassen.