Gelsenkirchen. Der Münsteraner Mörderjäger, Sänger und Gitarrist warf mit seinem brillanten Inselorchester den „Blick aufs Mehr“.
Als er die Bühne betrat, bejubelten sie lautstark den Tatort-Kommissar, als er sie nach drei Stunden wieder verließ, galten Beifall und stehende Ovationen ausschließlich dem Musiker: Der kultige, liebenswert prollige Münsteraner Mörderjäger war vergessen, und das so gut wie ausverkaufte Musiktheater im Revier feierte ausgelassen den völlig verrockten Sänger, Songschreiber und Gitarristen Axel Prahl.
Einen „Blick aufs Mehr“ hatte der von Emschertainment veranstaltete Konzertabend versprochen – und gehalten. Denn was erwartet der Tatort-Fan musikalisch schon von einem singenden Schauspieler? Eher wenig, aber tatsächlich bekam er viel an Musik und Show. Der 55-jährige, TV-bekannte Mime präsentiert sich als überraschend starker, vielseitiger Sänger mit hohen Entertainerqualitäten.
Ein launiger Entertainer
Zudem brachte er sein ausgezeichnetes Inselorchester mit, eine Band aus brillanten Musikern, die sich allesamt bereits einen langvollen Namen in der deutschen Rock-, Jazz- und Klassikszene gemacht haben. Darunter der Keyboarder Danny Dziuk, der schon mit Stoppok zusammenarbeitete, und Jörg Mischke, der die Musikwelt gemeinsam mit Rio Reiser aufmischte.
Der kleine kompakte Mann in Jeans, rotem T-Shirt und Weste entpuppt sich auf der Bühne als das, was man eine echte Rampensau nennt. Plaudert unprätentiös mit dem Publikum („Seid Ihr gut drauf? Aber nicht mehr lange!“), reißt locker platte Witze, nimmt einen Schluck aus der Pulle („Stauderpils! Kommt das hierher?“) und lobt die Location: „Ihr habt echt ein geiles Haus hier!“ Der Mann und Musiker, ein handfester Kumpeltyp, ein Sympathieträger, der mit seiner authentischen Art rasch den Draht zu den Fans findet.
Stimme kann sanft säuseln und rau krächzen
Durch seine Art, aber vor allem durch seine Musik in ihrer Mischung aus energetischem Rock, zarten Balladen, schnulzigen Liebesliedern und zeitkritischen Songs ( „Blablabla“, „Lied auf die Finanzwelt“), die er übrigens nicht plötzlich und überraschend für sich entdeckte. Schon mit acht Jahren zupfte Prahl die Gitarre, studierte später in Kiel Musik.
Mit George Gershwins „Summertime“ läutet der Mann aus dem Norden, hier noch ohne Orchester, den Abend romantisch ein und gibt schon einen Vorgeschmack auf das, was das Publikum an Stimmpotenzial und Facettenreichtum noch erwarten darf.
Denn Prahls Stimme, das dokumentiert der Sänger im ersten Teil mit außergewöhnlichen Arrangements bekannter Songs und im zweiten mit Eigenkompositionen, kann sanft säuseln und rau krächzen, kann zärtlich sein und gewaltig laut rocken, klingt mal klar und kräftig und dann ruppig.
Auch nach drei Stunden noch nicht müde
Auf seiner musikalischen Wanderung machte er unter anderem Station bei Roy Black. Dessen Song „Du bist nicht allein“ interpretierte Prahl wie eine herrlich düstere Moritat. Zur Auflockerung darf dann auch mal das Publikum ran beim Song „Es geht doch nichts über ein gemeinsam gesungenes Lied“. Prahl staunt: „Kann es sein, dass hier nur Männer mitsingen oder Staatsanwältinnen?“ Eine der wenige Anspielungen auf den Tatort und seine Mimin mit der unglaublich tiefen Stimme.
Ermüdungserscheinungen zeigte Axel Prahl auch nach drei Stunden nicht und signierte im Foyers noch lange seine CDs.