Gelsenkirchen. . Der NRW-Innenminister Ralf Jäger stellte sich Montag den Fragen der Polizei in Gelsenkirchen. Ein großes Thema waren die sogenannten Problemfans.
Das „Ohr auf die Schiene legen und die Lage vor Ort erkunden“ – das wollte NRW-Innenminister Ralf Jäger, als er am Montag der Einladung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) folgte und sich im Gemeindehaus der Gelsenkirchener Apostelkirche den Fragen der Beamten stellte. Der Chef der Landespolizei bekam einiges zuhören, das Spektrum an Themen war breit. Es reichte von der kritischen Sicherheitslage angesichts radikaler Islamisten und zunehmender Gewalt gegen Beamte über die anstehende Modifizierung der Kennzeichnungspflicht von Einsatzhundertschaften bis hin zum Stellenabbau bei gleichzeitiger Überbelastung. Auch ein großes Thema: gewaltbereite Fußballfans.
Vergrätzt reagierte Jörg Klink, GdP-Vorsitzender in Gelsenkirchen, zu Beginn der Veranstaltung auf das Fehlen eines Vertreters aus dem Vorstand des FC Schalke 04 und des Fanclubverbandes – beide waren eingeladen: „Peter Peters hat wegen einer wichtigen Liga-Konferenz abgesagt, aber Schalkes Vorstand besteht doch aus mehr als einem Verantwortlichen. Trotzdem hat sich niemand bei Schalke gefunden, an der Diskussion teilzunehmen.“ Und weil Schalke abgesagt habe, habe dies der Fanverband gleich auch mit getan.
Nicht alle Fans sind gleich
Beim Thema Problemfans positionierte sich Ralf Jäger eindeutig, „Das sind keine Fans, das sind Straftäter“. Der Innenminister warb im gleichen Atemzug dafür, „nicht alle Fußballfans über einen Kamm zu scheren“, forderte aber auch, dass sich die Fanorganisationen von ihren gewaltbereiten Mitgliedern ganz klar distanzierten.
Den andauernden Pöbeleien und Anfeindungen will Jäger mit mehr Training für die Polizeikräfte, besserer technischer Ausstattung und einer harten Haltung der Politik begegnen. Mit Blick auf die Vorfälle im niederländischen Renesse sagte Jäger: „Vor vier Jahren ist in Deutschland der Strafrahmen erhöht worden. Und ein Gewalttäter ist vor kurzem erst noch zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, weil er einen Polizisten vor den Kopf getreten hat. Wir haben also die Mittel.“ Er räumte allerdings auch ein, dass das hohe Strafmaß im Alltag nur ein „stumpfes Schwert“ ist, denn seit der Gesetzesänderung seien nicht weniger Übergriffe gegen Polizeibeamte gezählt worden. Hier sei die gesamte Gesellschaft gefragt, eine neue Kultur des Respekts zu schaffen.
Klare Botschaft des Innenministers
Im Kontext mit „Fan“-Attacken – insbesondere auch wegen der „A.C.A.B.“-Plakate (A.C.A.B. steht für die englischsprachige Parole „All cops are bastards“. Wörtlich: „Alle Polizisten sind Bastarde“) und dem persönlichen Angriff auf einen Polizeiführer beim Champions-Spiel gegen Paok Saloniki – hatte der Innenminister auch eine klare Botschaft an den FC Schalke 04 und die „Hugos“: „Das ist eine klare Provokation des Rechtsstaates und ich erwarte – was das angeht – schlichtweg mehr vom FC Schalke 04. Ich werde mich mit den Verantwortlichen in Kontakt setzen – schriftlich wie mündlich.“
Und indirekt an die Adresse der Randalierer: „Wir müssen die Rädelsführer ins Visier nehmen. Derselbe Sachbearbeiter bei der Polizei und derselbe Richter müssen die Straftaten verfolgen und urteilen, so dass das volle Strafmaß des Gesetzes ausgenutzt wird.“
Verstärkung erst in fünf Jahren bereit
Thema war auch die personelle Situation der Polizei. GdP-Vorsitzender Jörg Klink präsentierte Minister Jäger Berechnungen von Gewerkschaftsseite, nach denen bis zum Jahr 2025 in Gelsenkirchen 30 bis 40 Stellen fehlten, für den Zeitraum 2013 bis 2030 wies die Grafik ein Minus von sogar 256 Kräften aus.
Der oberste Dienstherr der Polizei NRW erwiderte darauf, dass „eine bürgernahe und leistungsstarke Polizei sowie zugleich ein ausgeglichener Landeshaushalt bis 2020 einen Zielkonflikt bergen“. Als Beispiel zur Erklärung nutzte Ralf Jäger die internationalen Konflikte in Syrien und die Bekämpfung der Terrorristen des „Islamischen Staates“ (IS).
328 Gefährder unmöglich rund um die Uhr zu bewachen
Aktuell 328 Gefährder in NRW seien unmöglich rund um die Uhr zu bewachen. „385 neue Stellen haben wir im Zuge der Bedrohungslage für NRW zugesprochen bekommen, über die Kräfte allerdings verfügen wir noch nicht“, so Jäger. Erst in fünf Jahren seien sie ausgebildet und einsatzbereit. In naher Zukunft will der Minister an den Einstellungen von jährlich 1642 neuen Kommissaren (2016/2017) festhalten. Ob Gelsenkirchen bedacht wird – ist offen. Jäger: „Mehr geht nicht, danach werden die Zahlen sinken. Ein kaum zu korrigierender Fehler aus der Vergangenheit.“
Der Minister kündigte ebenso an, Lebensarbeitszeitkonten testweise einzuführen, um der Überstunden bei der Polizei Herr zu werden. Auch sollen die IT-Anwendungen der Polizei zentralisiert werden, um die „3000 verschiedenen Seiten vor den gut 300 Hackerangriffen pro Woche zu schützen“.