Gelsenkirchen. . Eine Woche kein Smartphone: Redakteurin Anne Bolsmann testete, ob man ohne das intelligente Handy überleben kann. In den USA ist das ein Trend.

Fernsehen, Schokolade oder Handy – worauf könnten Sie am ehesten verzichten? Wenn Sie mir diese Frage zum Beginn der Fastenzeit gestellt hätten, ich hätte wahrscheinlich geantwortet: Ich kann auf alles verzichten, auf mein Handy allerdings nicht.

Als berufstätige Mutter von zwei kleinen Kindern brauche ich das Teil, um meinen Alltag zu organisieren. Bewusstes „Handyfasten“ – das finde ich sehr löblich. Aber für mich ist das nichts. Ich trage seit 23 Jahren ein Telefon in der Tasche.

Gegen ein Smartphone hatte ich mich lange gesperrt, aber seit ich eines besitze, ist mein Alltag deutlich einfacher geworden. Mal eben checken, ob der Bus pünktlich kommt, die Mails von unterwegs abrufen oder den Ehemann anrufen, um zu fragen, ob noch genug Milch im Kühlschrank ist – kein Problem.

Aber: Am Sonntagabend hat sich mein Smartphone verabschiedet. Nichts geht mehr, egal, wie viel ich darauf herumdrücke: Der Bildschirm bleibt schwarz. Also komme ich doch noch zum Handyfasten in dieser Karwoche. Unfreiwillig, aber irgendwie auch mit einer gewissen Neugierde: Kann man heute noch ohne Smartphone (über)leben?

Ohne Handy die Telefonnummer der Freundin kennen?

Schon am ersten Tag werde ich auf die Probe gestellt. Ich bin nachmittags verabredet, bei schönem Wetter im Zoom, bei Regen bei mir zu Hause. Normalerweise würde ich das über Whatsapp abstimmen – und jetzt merke ich, dass ich noch nicht einmal eine Telefonnummer der Freundin auswendig weiß. Also fahre ich den PC hoch und schicke eine Email. Auf die Antwort kann ich allerdings nicht warten, da ich noch so viel zu erledigen habe.

Mit einem mulmigen Gefühl mache ich mich auf den Weg zum einkaufen: Was, wenn der Kindergarten anruft, weil eines der Kinder krank ist? Ich bin ja nicht erreichbar. Immer wieder ertappe ich mich im Laufe des Tages dabei, dass ich die Whatsapp-Nachrichten checken will. Und zum ersten Mal seit Wochen lese ich im Bus wieder ein Buch. Irgendwie bringt Handyfasten auch eine Art Entschleunigung mit sich, denke ich abends zufrieden.

Doch als am nächsten Tag Sturm Niklas den Zugfahrplan durcheinanderwirbelt, merke ich, wie aufgeschmissen ich bin. Ich kann keine alternative Route suchen und auch niemanden anrufen. Wo ist denn hier die nächste klassische Telefonzelle? Schon nach zwei Tagen weiß ich also, wie abhängig ich von der Technik bin. Aber mein Entschluss steht: Bis Ostersonntag möchte ich durchhalten mit dem Handyfasten. Mindestens. . .

Digitaler Entzug ist in den USA der letzte Schrei

„Klicksafe.de“, die von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LFM) Rheinland-Pfalz koordiniert wird, ruft Jugendliche in jedem Jahr zum „Handyfasten“ auf. In den USA ist derweil „Digital Detox“, also die „Digitale Entzugskur“ der letzte Schrei.

Auf was verzichten Sie während der Fastenzeit? Und haben Sie Ihr Vorhaben durchgehalten? Schreiben Sie uns an Redaktion Gelsenkirchen, Stichwort „Fastenzeit“, Ahstraße 12, 45879 Gelsenkirchen. Oder per Email an: redaktion.gelsenkirchen@waz.de .