Gelsenkirchen. Ist das Fasten wirklich ein probates Mittel, um sein Gewicht zu reduzieren? Das wollte die WAZ wissen und sprach darüber mit Gabriele Graf, der Ernährungswissenschaftlerin der Verbraucherzentrale. Sie informiert und gibt wichtige Hinweise.

Für die WAZ-Serie „Verzicht“ hat die Redaktion Ernährungswissenschaftlerin Gabriele Graf von der Verbraucherzentrale interviewt. Nikos Kimerlis sprach mit ihr über das Fasten.

Was bewirkt das Fasten körperlich?

Gabriele Graf: Die körperlichen Auswirkungen sind vielfältig. Wo normalerweise Kohlenhydrate mit Energie versorgen, erfolgt die Energiegewinnung jetzt aus Fett- und Eiweißreserven. Die Kohlenhydratspeicher im Körper sind nach ca. ein bis zwei Tagen erschöpft. Zur Neugewinnung von Glucose zieht der Körper dann Eiweiß heran. Weitere Energie wird aus Fettsäuren gewonnen, also aus dem Abbau von Fettreserven. Insgesamt verliert der Körper Gewicht durch diesen Abbau der Reserven.

Welche Gefahren gibt es?

Graf: Unter bestimmten Umständen ähnliche wie bei anderen Diäten auch. Richtig durchgeführt mit Entlastungstagen vor und Aufbautagen nach dem Fasten, der nötigen Muße an den Fastentagen, der Auseinandersetzung mit seinen Ernährungsgewohnheiten u.v.m. kann Fasten zur Änderung von Gewohnheiten oder zu einem Umdenken führen. Berücksichtigt man dies alles nicht, kann das Gewicht nach dem Fasten sehr schnell wieder nach oben gehen, oder auch weiter ansteigen. Der Mahlzeitenrhythmus ist durch eine Fastenzeit durchbrochen und ist daher auch die Möglichkeit für ein „Reset“, oder ein Überdenken alter Gewohnheiten und der gewohnten Lebensmittelauswahl.

Wie beugt man Mangelerscheinungen vor?

Graf: Es gibt unterschiedliche Fastenmethoden, bei denen teilweise z.B. Obst- und Gemüsesäfte getrunken werden (Buchinger-Fasten). Durch die Zufuhr dieser geringen Kohlenhyratmengen (Glucose) verringert sich der Abbau von Eiweiß, welches sonst zur Glucosebildung im Körper genutzt wird. Zusätzlich werden hier auch Mineralstoffe und Vitamine zugeführt. Fastet man z. B. fünf Tage plus Entlastungs- und Aufbautage, sind noch keine Mangelerscheinungen zu erwarten. Daher ist dies auch die am häufigsten umgesetzte Form des Fastens ohne Anleitung oder fachliche Betreuung. Auch längere Fastenzeiten können gut überstanden werden, sollten jedoch dann mit einem Arzt abgeklärt sein.

Wovon hängt der Erfolg ab?

Graf: Sehr bedeutsam für eine gute Fastenzeit und einen anhaltenden Erfolg sind die Tage vor dem Fasten (Entlastungstage) und im Besonderen auch die Aufbautage nach dem Fasten. Umso mehr Aufbautage man einplant, umso besser ist der Übergang zum normalen Mahlzeitenrhythmus. Die Aufbautage bedeuten weiterhin eingeschränkte Lebensmittelauswahl, viel Gemüse, viel trinken.

Wie bleibt man leistungsfähig?

Graf: Fasten und Leistungsfähigkeit widersprechen sich nicht. Sportliche Betätigung ist zu empfehlen während des Fastens. Natürlich sollte es besser ein Sport sein, den man auch schon vorher ausgeübt hat, wie z.B. Rad fahren, Laufen, Walking, Schwimmen, oder auch leichtes Krafttraining. Sport beugt einem stärkeren Muskelabbau vor, der durch den Abbau von Eiweißreserven geschieht. Der Blutdruck wird etwas angehoben, der Kreislauf stabilisiert.

Wer sollte besser nicht fasten?

Graf: Grundsätzlich ist Fasten nur etwas für Gesunde. Alle Menschen mit Erkrankungen oder Essstörungen sollten nicht eigenverantwortlich fasten. Therapeutisches Fasten bei Rheuma, Insulinrestistenz oder chronischen Schmerzen sollte mit einem Fastenarzt oder in einer Fastenklinik durchgeführt werden.

Welche dauerhafte Gewichtsreduzierung ist durch Fasten möglich?

Graf: Dauerhaft mit Fasten abnehmen kann nur, wer diszipliniert ist und ungünstige Gewohnheiten verändert. Teilweise sind große Gewichtsverluste beim Fasten möglich. In fünf Fastentagen können das vier oder auch zehn Kilo sein, abhängig vom Ausgangsgewicht und der körperlichen Konstitution.