Gelsenkirchen. . Zum Fall der falschen Todesdiagnose einer 92-Jährigen erklärt ein Gelsenkirchener Rettungsdienstleiter die zwei unterschiedlichen Notdienst-Systeme.

Im Zusammenhang mit dem Tod einer 92-jährigen Altenheimbewohnerin – die am vergangenen Samstag von einem Arzt für tot erklärt worden war, obwohl sie noch lebte und die dann am Montag im Krankenhaus tatsächlich gestorben ist – bedarf es eines Nachtrags. Weil es kein Notarzt war, der den Tod der Frau am Samstag gegen 18 Uhr bescheinigte, sondern der Bereitschaftsarzt des hausärztlichen Notdienstes. Ein Notarzt der Feuerwehr wurde später von Bestatter Bergermann herbei gerufen, nachdem die alte Frau wieder aufgewacht war.

Anästhesist Dr. Elmar Stein ist ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes bei der Feuerwehr. Er erklärte gestern im Gespräch mit der WAZ den Unterschied zwischen den beiden koexistierenden Systemen. Zum einen gebe es den kassenärztlichen Notdienst, dem niedergelassene Ärzte angeschlossen seien. Was im Einzelfall bedeuten könne, dass ein Urologe diensthabender Bereitschaftsarzt sei.

Notarzt hat mehr Möglichkeiten

Ganz anders das Notarzt-System, das über die Notrufnummer 112 der Feuerwehr in Gang gesetzt wird. Insgesamt vier Leute machen sich da auf den Weg: Notarzt und Fahrer, der gleichzeitig Rettungsassistent ist, kommen mit dem NEF (Notarzt-Einsatzfahrzeug) und treffen im Rendezvous-System in aller Regel zeitgleich mit dem RTW (Rettungswagen) und seiner zweiköpfigen Besatzung an Ort und Stelle ein. „Der Notarzt im Feuerwehr-Rettungsdienst ist immer ein Arzt mit Zusatzausbildung“, so Elmar Stein.

Auch die Ausrüstung sei eine andere. Zum Standard gehören beispielsweise Beatmungsgerät und Defibrillator. „Der Notarzt kann zur Not vor Ort einen Schrittmacher legen“, sagte der Mediziner. Oder Geburtshilfe leisten. Die Liste der Beispiele ist vergleichsweise lang. Neben ihm selbst als ärztlichem Leiter gebe es noch zwei Notärzte, einen Kollegen im Marienhospital und einen Kollegen im Bergmannsheil in Buer.

Hirntod nur im Krankenhaus feststellbar

Zurück zum tragischen Fall der 92-Jährigen. Dr. Elmar Stein sagte: „Zur Feststellung des Todes brauche ich zwei Merkmale. Als erstes treten 20 bis 30 Minuten nach dem Tod Leichenflecken auf. Eineinhalb bis zwei Stunden später tritt dann die Leichenstarre ein.“ Das seien ganz eindeutige Merkmale. Den Hirntod eines Menschen könne man nur im Krankenhaus feststellen.

Was die Einschätzung des Falles angeht, hielt sich Stein verständlicherweise bedeckt. Wohl aber räumte er ein: „Die Angelegenheit hat ein Geschmäckle.“