Gelsenkirchen. Mauricio Kagels „Zwei-Mann-Orchester“ ist wegen des Aufwandes nur selten zu erleben. Im Gelsenkirchener Musiktheater gibt es nun diese Möglichkeit.

Dieses Konzert beginnt mit einem leisen Ein- und Ausatmen der Musiker. Das Orchester erwacht mit kaum vernehmbarem Geräusch, das durch den Raum wabert, gefolgt vom zarten Klang einer Glasharmonika. Die Menschen, die diese Töne verursachen, stecken in einem verwirrenden Wust aus merkwürdig ramponierten Gegenständen, werden als Zwei-Mann-Orchester 70 Minuten lang ein bizarres Klanggemälde aus überraschenden Rhythmen, schrägen Tönen und Melodien erzeugen.

Für die Premiere von Mauricio Kagels Werk gab es am Freitag Abend im Foyer des Musiktheaters im Revier einhellig zustimmenden Beifall. Schließlich erlebten Zuschauer und Zuhörer ein seltenes Spektakel für alle Sinne, eine musikalische Theaterperformance mit Witz und Tiefsinn. Direkt unter der blauen Yves Klein-Wand haben der Basler Schlagzeugprofessor Matthias Würsch und der Kölner Gitarrist Wilhelm Bruck ihre gewaltige Musikmaschine aus 200 Instrumenten aufgebaut. Ein gigantisches Kinetikobjekt, bei dem sich alles bewegt, alles dreht, alles Töne und Geräusche erzeugt.

Grenzenlose Möglichkeiten von Klangerzeugung

Der deutsch-argentinische Komponist Kagel(1931-2008) konzipierte dieses experimentelle Stück, das die Entstehung und die grenzenlosen Möglichkeiten von Klangerzeugung geistreich dokumentiert, Anfang der Siebziger. Und verstand es nicht nur als spektakulären Spaß. „Dem Andenken einer Institution gewidmet, die im Begriffe ist, auszusterben“, notierte der Notensetzer einst. Den Gedanken griff MiR-Intendant Michael Schulz in seiner Begrüßung auf, erinnerte daran, dass in der Region immer wieder große Orchester in ihrer Existenz bedroht seien. Durch Träger zum Beispiel, die meinten, Tarifanpassungen nicht mehr finanzieren zu können. Bekanntlich muss auch die Neue Philharmonie Westfalen immer wieder gegen Finanznöte ankämpfen.

Besucher staunen wie die Kinder

Mit zwei Musikern kommt nun mal nicht jede groß instrumentierte Komposition aus. Kagels schon. Weil die beiden Multi-Instrumentalisten mit dem ganzen Körper agieren, mit Händen und Füßen alle Objekte bedienen. Sie ziehen Fäden wie beim Marionettentheater. Bringen eine Kehrschaufel voller Kies zum Kippen, ein Wasserbecken zum Sprudeln, Geigen zum Kreisen, Sägen zum Singen. Und sie zaubern gleichzeitig ein Lächeln in die Gesichter der Besucher, die an beiden Seiten der Maschine Platz genommen haben, die schmunzeln und staunen wie Kinder. Für die gibt es übrigens eigene Vorstellungen, bei denen Objekte sogar bedient werden dürfen.

Insgesamt gibt es elf Vorstellungen im oberen Foyer des MiR: 11./12. Februar, 10 Uhr (Schulvorstellungen), 17. Februar, 16 Uhr (Familienvorstellung) u. 20 Uhr. 18. Februar, 10 Uhr (Schulen) u. 20 Uhr. 26. Februar, 10 Uhr (Schulen) u. 20 Uhr. 27. Februar, 10 Uhr (Schulen) u. 20 Uhr. Karten kosten zwischen 7,50 und 15 Euro. Es gibt sie an der Theaterkasse am Kennedyplatz oder unter T. 0209 4097200.