Gelsenkirchen. Deutsche Annington beauftragte Anwaltskanzlei mit Mahnschreiben und forderte die Kosten vom Mieter ein. Zu Unrecht, sagt der Mieterschutzbund.

Dass ein Wohnungskonzern wie die Deutsche Annington – mit 350.000 Wohnungen der größte Vermieter bundesweit – keine eigene Rechtsabteilung hat und deshalb eine Anwaltskanzlei beauftragt, damit diese einem Mieter ein Mahnschreiben über eine Nachzahlung für Betriebskosten schickt, ist kaum zu glauben, aber passiert. Der Gelsenkirchener Hubert B., Mieter bei der Deutschen Annington, bekam solch einen Brief ins Haus. Darin forderte der Berliner Anwalt nicht nur die Nachzahlung, sondern auch Zinsen und Anwaltsgebühren von über 80 Euro.

Dabei war die Betriebskosten-Nachzahlung bereits vom Mieterverein Gelsenkirchen als falsch bewertet worden. Der Wohnungskonzern hatte Kosten für Hausmeister, Gartenpflege und Dachrinnenreinigung in Rechnung gestellt, die der Mieter nicht bereit war zu zahlen.

„Nicht zahlen"!

„Die Nachzahlung nicht erbringen“, riet Rechtsanwalt Ernst Georg Tiefenbacher vom Mieterverein. Es dauerte nicht lange, da erhielt B. besagten Brief des Berliner Anwalts. „Nicht zahlen“, riet Tiefenbacher erneut und verwies auf ein jüngstes Urteil des Amtsgerichts Dortmund. Dort wurde am 6. Januar 2015 unter Vorsitz von Richter Dr. Ulf Börstinghaus verkündet: Die Kosten einer vorgerichtlichen Anwaltsmahnung sind für einen gewerblichen Großvermieter nicht ersatzfähig (Aktenzeichen 425 C 6720/14). Danach darf Annington einen Rechtsanwalt nicht auf Kosten ihres Mieters einschalten, wenn es sich um eine einfache Mahnung handelt.

Dass die Deutsche Annington so massiv vorgeht, begründet Tiefenbacher mit Konzernumstrukturierungen: „Der Großvermieter hat Tochterunternehmen gegründet, die Aufgaben wahrnehmen, die sie der Konzernmutter in Rechnung stellten.“ Die Mutter wiederum lege diese Kosten als Betriebskosten auf ihre Mieter um, habe zu diesem Zweck die „Deutsche Wohninkasso“ gegründet. Sie treibt für die Annington die Kosten ein – in Verbindung mit Mahnkosten bzw. Inkassogebühren. „Schon hierauf reagierte das AG Dortmund 2012 und entschied, der Großvermieter dürfe zwar so vorgehen, die Kosten müssten die Mieter aber nicht tragen.“ Nach diesem Urteil schaltete die Deutsche Annington jeweils das Berliner Anwaltsbüro ein. Das wurde nun vom AG Dortmund für rechtlich unzulässig erklärt. Anders liegt der Fall, wenn ein „normaler Bürger“ (Tiefenbacher) als Vermieter wegen nachgewiesener Probleme mit seinem Mieter einen Anwalt beauftragt hat. „Dann muss der Mieter zahlen“, so Anwalt Tiefenbacher.