Gelsenkirchen/Dortmund. Bei einer Ausstellung im LWL-Museum in Dortmund wird ein Raum für vier Stunden in der Woche für BIPoC und Schwarze Menschen reserviert.
Ein Ausstellungsprojekt in Dortmund über Kolonialismus sorgt für Debatten. Im LWL-Museum Zeche Zollern läuft als Ausstellungswerkstatt seit Frühjahr „Das ist kolonial“ mit der Besonderheit, dass der Raum jeweils samstags vier Stunden lang als sogenannter Safer Space reserviert ist für schwarze Menschen und People of Color. Ein Schild am Museum informiert darüber. „Wir möchten damit Menschen, die von Rassismus betroffen sind, einen geschützten Raum geben, in dem sie sich zurückziehen und offen austauschen können“, sagte eine Sprecherin des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe.
Doch seit einigen Tagen sieht sich das Museum mit einer Flut von kritischen und teils hefigen Kommentaren konfrontiert. Bedenken, Hinweise und Kritik würden ernst genommen. Man wappne sich aber auch juristisch nach Äußerungen aus dem rechten Spektrum, die teilweise womöglich rassistischen oder persönlichkeitsverletzenden Charakter haben könnten.
Vorwurf: „Rassismus gegen Weiße“
Dem Museum wird vor allem in sozialen Netzwerken „Rassismus gegen Weiße“ vorgeworfen. Manche zeigen sich verärgert, empfinden es als ausgrenzend, dass Weiße die noch bis Mitte Oktober laufende Ausstellung samstags angeblich gar nicht besuchen dürften. Der LWL unterstrich: „Es geht hier um vier von insgesamt 48 Stunden Öffnungszeit in der Woche“ - und um einen kleineren Teilbereich des Museums. Es handle sich auch nicht um ein Verbot, sondern um eine Bitte.
Dem widerspricht Jan Preuß, Fraktionsvorsitzender Gelsenkirchener AfD und verweist auf die Information auf der Internetseite des Museums. Dort steht, dass der Safer Space „ein Angebot für BIPoC und Schwarze Menschen ist, um sich zurückziehen und offen austauschen zu können, ohne von weißen Menschen beobachtet, beurteilt oder kritisiert zu werden. Für BIPoC sind solche sicheren Räume im Alltag sowie in musealen Räumen nur selten gegeben.“
Der Einlass in die Ausstellungswerkstatt werde jedoch nicht kontrolliert und funktioniere auf Vertrauensbasis.
Jan Preuß hat selbst vor einigen Tagen den Selbstversuch gemacht und seine Erfahrung in einem Video festhalten lassen. Zu sehen und zu hören sind Mitarbeitende des Museums, die erklären, dass es „einen Zeitabschnitt gibt, wo halt nur Besucher reinkommen, die dieser Gruppierung angehören“. Auf die Replik von Preuß, dass es sich dabei doch um Rassismus handele, gehen die Museumsmitarbeitenden nicht weiter ein.
Was In dem Video nicht zu sehen ist, ist, dass Jan Preuß völlig unbehelligt den betroffenen Bereich betritt „und einige Schritte“ in dem Ausstellungsraum macht, bis er diesen wieder verlässt - ohne, dass ihn ein Mitarbeiter des Museums zu irgendeinem Zeitpunkt dazu aufgefordert hätte, aufgrund seiner Hautfarbe nicht in den Teilabschnitt der Ausstellung zu gehen.
Erst auf Nachfrage räumt der AfD-Politiker ein, dass ihn sein Begleiter auf das Schild mit dem Safer-Space-Hinweis aufmerksam gemacht habe, nachdem Preuß den Raum betreten hatte. Und weil Preuß die Hausregeln nicht missachten wolle, habe er den Raum schnell wieder verlassen und das Museumspersonal dann darauf angesprochen.
Jan Preuß, der auch stellvertretendes Mitglied Kulturausschuss des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe ist, erklärt in einem Antrag an den LWL nun unter anderem, dass alle LWL-Museen und Kultureinrichtungen angewiesen werden sollen, „ab sofort das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu beachten und jegliche Diskriminierung von Weißen umgehend zu beenden“. Zudem sollen künftige Ausstellungen kategorisch ausschließen, dass Besucher aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder Rasse diskriminiert werden.
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LWL-Kulturdezernentin Barbara Rüschoff-Parzinger sagte der dpa: „Menschen, die auch in unserem Land Rassismus erleben, tun das sieben Tage die Woche. Wir dagegen bitten an vier Stunden in der Woche um größere Rücksicht, indem dieser geschützte Raum respektiert wird. Das kann man wirklich nicht gleichsetzen.“
Man wolle „lediglich das Recht haben, das Konzept eines geschützten Raumes im Rahmen unserer Werkstatt zum Thema Kolonialismus auszuprobieren.“ Nach Beendigung der Werkstatt in einigen Wochen werde das LWL-Museum analysieren, wie das Angebot genutzt wurde und was bei dem komplexen Thema Kolonialismus womöglich noch besser erklärt werden müsse. „Aus diesen Erfahrungen wollen wir Schlüsse ziehen.“
„In der Regel reagieren unsere Besucherinnen und Besucher verständnisvoll.“
Die Kommentare im Netz werden der LWL-Sprecherin zufolge gesammelt. „Wir wählen aus, welche wir beantworten.“ Man werde aber nicht in Austausch treten mit Personen, die „nur Hass loswerden wollen“. Zugleich prüfe der Verband juristische Schritte - etwa im Fall eines Online-Senders, der an einem Samstag heimlich vor Ort gefilmt habe, das Video kursiere seit Tagen im Netz. Gemeint sein dürfte damit das Video mit dem Gelsenkirchener AfD-Politiker Jan Preuß.
Mit Blick auf die Vier-Stunden-Regelung sagte die Sprecherin: „In der Regel reagieren unsere Besucherinnen und Besucher verständnisvoll. Wer trotz dieser Bitte zu dieser Zeit unsere Werkstatt besuchen möchte, wird daran nicht gehindert.“
Die Grünen in Dortmund unterstützten das Konzept „Safer Spaces“ als beispielgebend. Positionen wie „Rassismus gegen Weiße“ zeugten davon, „dass weiße Privilegien viel zu häufig nicht erkannt und hinterfragt werden“. Jegliche Anfeindungen gegenüber dem LWL, den Mitarbeitenden des Museums und den Besucherinnen und Besuchern seien scharf zu verurteilen.