Gelsenkirchen-Buer. Die KFD hatte ins Michaelshaus geladen zur großen Sause ganz ohne Männer – beinahe! Als Quotenmann war nämlich Pastor Marius Schmitz dabei.

„Bumsfallera“, so singen es die ausgelassenen Damen mit der Musik aus den Lautsprechern mit. Schon geht er los, der Weiberkarneval der KFD von St. Urbanus in Gelsenkirchen. Eines steht schon jetzt fest: So geht Weiberfastnacht. Tatsächlich sind knapp 200 weibliche Gäste im Saal des Michaelshauses – und ein Mann. Pastor Marius Schmitz vertritt hier und heute die Gemeinde und den Propst und nimmt seine besondere Rolle mit Humor.

Gelsenkirchen: Beim Weiberkarneval der kfd sind die Damen echte Sahneschnittchen

„Es gibt Schlimmeres“, sagt er und verrät lachend, im jecken Zustand sei doch alles erträglich. Zumal der gebürtiger Duisburger im Training ist: Jedes Jahr ist er bei der katholischen Sause zur Weiberfastnacht dabei. Mehr noch: „Als Jugendlicher habe ich in meiner Gemeinde beim Karneval der kfd gekellnert. Ich bin da abgehärtet.“ Und dem Singen und Schunkeln sei er auch nicht abgeneigt, meist sei er sogar textsicher. „Ich war schon üben – mit dem Propst in der lachenden Kölnarena.“

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Jetzt heißt es „Sugar, Sugar Baby“. Herein getanzt kommt das Schönste, was die kfd zu bieten hat: fünf echte Sahneschnittchen. Die Damen, die in Tortenstücken stecken, sind eigentlich der Vorstand der Frauentruppe und gehen heute als erste in die Bütt. „Wir schwadronieren über die K’s, also Kirche, Küche, Kinder, Kerle“, hatte Birgitt Brauckmann schon vor dem Beginn verraten. So geht es nun auch los.

Der erste Höhepunkt des Nachmittags steht an – das Mottolied

Damit, wie es wäre, das Zölibat würde fallen. „Da würde sich die Damenwelt aber freuen, wenn unser Marius frei auf dem Markt wäre. Der ist ja auch so ein Sahneschnittchen“, sagt Maria Willems. Der Saal jubelt und der Angesprochene bedankt sich mit geworfenen Küsschen. Apropos Zölibat: Das hatte mal früher schon fallen sollen, findet die Rednerin, und spielt weiter auf den „Synodalen Weg“ an. „Dann hätte ich den Kardinal Marx geheiratet – und wir hätten das Ding zusammen durchgezogen.“

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Schon steht der erste Höhepunkt des Nachmittags an, das Mottolied. Zur Musik von „Aber bitte mit Sahne“ gibt es eigene Zeilen der Sahneschnittchen. Die Stimmung ist ganz, ganz groß im Saal. Besonders eine freut das sehr. Hildegard Willems nämlich ist die Ideengeberin dieser Traditionsveranstaltung. „Ich habe das in meiner Zeit als Vorsitzende vor rund 70 Jahren ins Leben gerufen“, sagt die heute 95-Jährige.

Zur ersten Sitzung der kfd kamen einst 69 Frauen, dann wurden es immer mehr

Zur ersten Sitzung seien einst 69 Frauen gekommen. „Dann wurde das immer mehr. Wir haben auch schon mal mit 300 Frauen gefeiert – aber das hat die Feuerwehr nicht mehr gestattet.“ Ihr Motiv damals: „Zeigen, dass die Katholiken Freude verbreiten können. Wir sind ja nicht nur ernst.“ Wie das so ist mit den guten Traditionen, es braucht eine Weile, bis sie sich durchsetzen. „Es war ja etwas Neues. Vor allem in Westfalen.“ Mit der Entwicklung ihrer Idee ist sie mehr als zufrieden. Eigentlich. „Mir fehlen nur die jungen Leute. Aber die sind ja alle berufstätig und nicht so katholisch. Die denken, wir sind nur ein Bet-Verein.“ Wer das bunte Treiben hier und heute sieht, der kann nur sagen, weit gefehlt.

Das Besondere an diesem Tag ist auch, dass sich so viele einbringen und alle Programmpunkte aus den eigenen katholischen Reihen gestaltet werden. Mit dabei sind auch die vier „Kaktussis“. Die Damen-Kabarett-Combo feiert hier und heute sogar ihren 25. Geburtstag. Wie immer haben die Damen Traute, auch mal kesse Sprüche zu klopfen. Hier bekommen alle ihr Fett weg. Auch Kirche und Klerus. „Aber bis jetzt hat sich noch keiner beschwert“, sagt Atti Surmann. Die Truppe, die nur einmal im Jahr überhaupt auftritt, nehme sich aber auch selbst aufs Korn. Wer austeilt, der müsse eben auch einstecken können.

Oma Fienchen teilt in der Bütt erst so richtig aus

Karneval der kfd St. Urbanus ist sehr beliebt

Die kfd St. Urbanus richtet seit rund 70 Jahren den Frauenkarneval aus. Das jedoch ist nicht das einzige Gebiet, in dem sich die katholischen Frauen ins Gemeindeleben einbringen.

Der Karneval unter ihrer Leitung aber ist derart beliebt, dass es noch eine zweite Ausgabe gibt am heutigen Freitag. Bei diesem Gemeindekarneval dürfen dann auch Männer rein.

Die Gruppe mit über 130-jähriger Geschichte ist ein wichtiger Pfeiler in St. Urbanus. Sie vereint immer noch ganz beachtliche 380 Mitglieder – und ist stets offen für neue.

Gleiches gilt auch für Oma Fienchen. Die wird musikalisch von Heintje angekündigt und teilt ab der ersten Sekunde in der Bütt richtig aus. Die 89-jährige Kunstfigur liefert schwarzhumorige Witze und ebenso charmante wie schlüpfrige Erzählungen mit knackiger Pointe. Etwa, als sie aus der Reha erzählt vom Therapeuten Markus, für den sie gar die Stützstrümpfe auf dem Zimmer gelassen habe.

Natürlich hat bei diesem Vornamen jede der Damen im Saal einen ganz anderen Markus im Sinn, nämlich Propst Pottbäcker. Der sei im Übrigen auch so ein Sahneschnittchen. Das findet auch Birgitt Brauckmann. „Das darf man doch mal sagen, dass da der Frauenwelt etwas verloren geht.“ Na klar, schließlich ist im Karneval alles erlaubt.