Gelsenkirchen-Heßler. Der Gelsenkirchener Traditionsbäcker Prünte hat eine neue Marke und ein Start Up aufgelegt: So kommt junge Kundschaft auf den Vollkorn-Geschmack.
Kann man Pumpernickel neu erfinden? Nur bedingt. Aber man kann es jugendlicher machen. Hipper, frischer. Witziger. Und damit vielleicht angesagter. Der Traditionsbäcker Prünte an der Landwehr ist diesen Weg gegangen – bietet den „Roggen-Allroundie“ in runder Form als Snack für zwischendurch. „Vegan-, süß-herb im Geschmack, ohne Konservierungsstoffe“ steht auf der Verpackung, weitere Produktwerbung in eigener Sache wird dem Kunden mit einer Prise Selbstironie vorenthalten, dafür kommt die Banderole mit einem besonderen Werbeversprechen über – beim Verzehr dieses Produkts, so die Bäcker, steige die Anziehungskraft auf das andere Geschlecht erheblich…
Gelsenkirchener Bäcker kreierte neue Marke
Ein Markenauftritt, der nicht unbedingt zur gepflegten rundum gesunden Tradition des Großbäckers aus Heßler passt, der optisch in manchen Bereichen und mit seinen klassischen Backprozessen wie aus der Zeit gefallen scheint. Deshalb hat Thomas Gill, der Prünte-Chef, nicht nur ne ue Produkte kreiert, sondern als Start-Up gleich eine eigene, neue Marke: „B. just bread“, eben „einfach gutes Brot“. Und er hat einen neuen Mann im Unternehmen: Marius Rupieper, „Brand-Manager“ fürs große „B“, das auf den Verpackungsbanderolen prangt und die urbane Kundschaft ansprechen soll.
Neue Marketingstrategien haben Einkehr gehalten
„Wir machen gutes Vollkornbrot. Jeder hat dazu eigentlich eine Verbindung, die positiv besetzt ist. Aber weil das so zeitlos und alltäglich ist, geht es unter. Vom Produkt her ist das natürlich keine Neuerfindung, es ist eine Wiederentdeckung“, sagt Rupieper, mit dem seit 2019 auch neue Marketingstrategien Einkehr gehalten haben. Seither werden verstärkt Social Media-Kanäle, werden Online-Marketing, PR und Print bespielt, wird Brot als wichtige Zutat fürs Zusammenleben zelebriert. „Wir profitieren unheimlich vom Trend der gesunden Ernährung. Das ist die Hauptwelle, auf der wir schwimmen“, sagt Gill.
Der Impuls, Prünte ein Stück weit zu verändern, kam aus den USA, mit „dem Blickwinkel von außen“. Besuch von einer kleinen New Yorker Bäckerei hatte Gill. „Die fanden, das ist ein sehr cooles Produkt, das wir hier machen.“ Gleichzeitig hatte er längst festgestellt, „dass wir mit Vollkorn die jungen Leute zwischen 20 und 30 Jahren nicht erreichen“. Zumindest nicht mit dem bisherigen Angebot. So schlug 2017 die Geburtsstunde von „B. just bread“.
Mehr als nur eine Brotzeit
Brot ist ein Grund-Nahrungsmittel. Doch es kann mehr, ist die Philosophie bei „B. just bread“. Es gelte, den Begriff Brotzeit „positiv zu besetzen“, findet Marius Rupieper. „Das Zusammenkommen, Menschen an einen Tisch zu bringen, ist uns dabei wichtig.“ Die „Roadshow als Brotshow“ inklusive Verkostung in Kneipen liege da nahe. Umgesetzt wurde die Idee zuletzt in der „Trinkhalle“ an der Bochumer Straße. Weitere Gastroevents sollen folgen.
Auch auf der Grünen Woche in Berlin hat sich die Firma präsentiert. Rupieper: „Das kam super an. Wir haben 5000 Schnitten in drei Tagen geschmiert und insgesamt rund 70.000 Menschen erreicht.“
Eine neue Rezeptur für ein Eiweißbrot entwickelt
Der Erfolg ist ordentlich, auch weil er mit den gewachsenen Traditionen bricht und die aktuell wachsenden Erwartungen an Gesundheitstrends, Nachhaltigkeit oder auch vegane Ernährung gezielt aufgreift. Das Start Up setzt dabei nicht nur von der Markenstrategie her auf frechen Auftritt, sondern auch auf neue Ware: Das Müsli-Brot von „B. just bread“ hat eine neue Rezeptur, auch das Chia-Brot ist neu. Und erstmals kommt in Heßler ein Eiweißbrot aus den Öfen. „Wir haben über ein halbes Jahr gebraucht, bis wir die Rezeptur stehen hatten. Vor allem eine ohne Chemiebaukasten“, sagt Gill.
Regional ist Prünte eine feste, etablierte Größe mit 28 verschiedenen Brotsorten wie Schwarzbrot, Saftkorn und Westfälischem Schinkenbrot, natürlich auch Pumpernickel. National und international ist noch sehr viel Luft nach oben. Jahrelang hat Prünte versucht, mit Qualität und Vollkornbrot auch international zu landen. Meist vergeblich. Doch die neue Marke punkte nun in Supermärkten von Hamburg bis ins Allgäu, in Holland, Belgien, Spanien, Italien, stellt Björn Hautmann, der Geschäftsführer Vertrieb fest. Der Umsatzanteil, schätzt man im Hause, könne 2020 von bislang zehn auf 20 Prozent gesteigert werden.
Das Unternehmen hat in eine neue Verpackungsstraße und Technik investiert hat. Ein Zweischichtbetrieb soll aufgebaut werden, betont der Chef. Rund 50 Mitarbeiter hat Gill, davon sind elf Bäcker. „Was wir jetzt noch dringend suchen, sind gute Bäcker.“