Gelsenkirchen-Beckhausen. Der Förderverein Schaffrather Mitte in Gelsenkirchen hofft, dass die Verwaltung das Projekt künftig mitfinanziert. Die Stadt lehnt aber ab.
Frühaufstehen für den Job: Für viele Berufstätige ist das Alltag – und für deren Kinder im Grundschulalter auch, wenn sie vor Beginn der ersten Unterrichtsstunde bereits um 7 Uhr zu Oma oder Nachbarn gebracht werden müssen. Was aber, wenn das nicht möglich ist? „Morgens später anzufangen oder gar den Job zu wechseln, das klappt nicht so einfach“, weiß Ingrid Husmann, Vorsitzende des Fördervereins Schaffrather Mitte. Also rief sie eine ehrenamtliche Frühbetreuung für Kinder der Grundschule Gecksheide ins Leben. Nach rund zwei Jahren fordert sie nun von der Stadt, sich daran zu beteiligen und das Angebot zu professionalisieren. „Schließlich stellt sich das Problem ja nicht nur im Schaffrath.“
„Viele Kindergärten bieten eine Betreuung ab 7 Uhr an, so dass junge Eltern schon früh wieder arbeiten gehen. Wenn die Kinder aber in die Schule kommen, tut sich eine Lücke auf und die Not ist groß, weil Verlässliche und OGS erst später greifen.“ Nicht immer seien Oma & Co nah vor Ort und hätten Zeit, „viele sind ja selbst noch berufstätig“, begründet sie ihre Initiative.
Nächstes Jahr rechnen die Ehrenamtlichen mit einer größeren Nachfrage
15 Erst- und Zweitklässler sind es derzeit, die in der Frühbetreuung der Grundschule Gecksheide angemeldet sind, aber nicht alle kommen täglich – je nachdem, ob es die Berufstätigkeit der häufig in Teilzeit angestellten Mütter erfordert oder nicht. Für das nächste Schuljahr erwarten die Ehrenamtlichen deutlich mehr Kinder, wie die Nachfrage von Eltern ergeben hat. „Dann brauchen wir mehr Leute. Das ist der Zeitpunkt, wo wir Hilfe von der Stadt benötigen“, so Ingrid Husmann.
Die Verwaltung freilich erteilte ihrem Anliegen, das Projekt finanziell zu unterstützen, eine Absage. „Die Schulen haben uns zurückgemeldet, dass die Eltern keinen Bedarf an einer Frühbetreuung haben, wenn sie einen Eigenanteil aufbringen müssen. Denn Landesgelder dafür gibt es nicht. Überdies wäre für die Arbeitszeit von täglich einer Stunde kein pädagogisches Personal zu bekommen“, begründete Stadtsprecher Oliver Schäfer das Nein. Nach WAZ-Informationen bietet die Verlässliche der Grundschule an der Albert-Schweitzer-Straße in Beckhausen aber ebenfalls eine Frühbetreuung von 7 bis 7.55 Uhr an, die monatlich acht Euro kostet. Die Eltern, die das Angebot in der Grundschule Gecksheide nutzen, zahlen monatlich zehn Euro für die Mitgliedschaft im Förderverein Schaffrather Mitte.
Stadt lehnt Beteiligung ab und verweist auf Ehrenamtsagentur
Er verwies auf die Ehrenamtsagentur, die auf Nachfrage der Stadt zugesagt habe, Freiwillige für die Frühbetreuung zu vermitteln. „Schulen können sich über ihre Leitungen dort melden. Dann entwickelt die Agentur ein Profil der Helfer, die gebraucht werden.“
Ingrid Husmann argumentiert hingegen: „Für die einstündige Beaufsichtigung würden doch Mitarbeiter ausreichen, die einen Übungsleiterschein vorweisen können. Es gibt sicher genügend Leute, die sich über ein zusätzliches Taschengeld in Höhe von zehn Euro pro Stunde freuen würden.“ Es könne nicht sein, dass Eltern mit Blick auf die Rente immer wieder ermahnt werden, ihre Erwerbsbiografie bloß nicht zu unterbrechen – sie in der Frage der Frühbetreuung aber alleine gelassen würden, ärgert sich die SPD-Bezirksverordnete und nimmt bei ihrer Kritik an Stadt und Politik ausdrücklich keine Partei aus.
Landeselternschaft NRW hält Finanzierung durch Umschichtungen für möglich
Auch Birgit Völxen, Geschäftsstellen-Leiterin der Landeselternschaft NRW, hält eine Finanzierung der Frühbetreuung für grundsätzlich möglich – sogar per NRW-Förderung. „Wenn eine Schule den Bedarf dazu feststellt und ihr OGS-Konzept entsprechend anpasst, ließe sich der Fördersatz des Landes in Höhe von 5500 Euro pro Gruppe und Jahr auch dafür einsetzen. Allerdings fehlt das Geld dann eventuell bei der Übermittagbetreuung oder individuellen Förderung.“ Letztlich kämen Träger einer Frühbetreuung um einen Eigenanteil wohl nicht herum. Knackpunkt sei schließlich auch, dass Städte zwar verpflichtet seien, eine OGS-Betreuung bedarfsgerecht vorzuhalten. „Die Kriterien für den Bedarf legen die Kommunen aber selbst unter Berücksichtigung ihrer Haushaltslage fest.“
Unterdessen hoffen die Schaffrather Mütter, die die ehrenamtliche Frühbetreuung in Anspruch nehmen, dass das Angebot so oder so weitergeführt wird. „Für mich ist es zwingend nötig, weil ich sonst nicht arbeiten gehen könnte“, erklärt Sabine Brömel (41), alleinerziehende Mutter einer Tochter. Ihr Job als Arbeitspädagogin in Gladbeck beginnt um 7.30 – und ihre Eltern wohnen in Wesel. Ähnlich geht es Doris und Frank Ciesla (beide 58), die ihre Enkelin großziehen und beide berufstätig sind. Die Teilzeitbeschäftigte im Einzelhandel arbeitet im Schichtdienst, ihr Mann pendelt nach Düsseldorf und fängt ebenfalls früh an, um rechtzeitig zum OGS-Ende zu Hause zu sein. Ohne die Frühbetreuung hätte sie womöglich ihren Job aufgeben müssen.