Gelsenkirchen-Erle. Auf dem Busparkplatz an der Gelsenkirchener Arena wird täglich trainiert. Fahrschulen nutzen das Areal rege. Ihnen fehlen anderswo Flächen.
Es ist kurz nach neun Uhr an diesem Morgen. Langsam rollt der orangene Bus rückwärts und schiebt dabei den grünen Anhänger in die mit kleinen Pylonen markierte Position auf dem Parkstreifen. 17,5 Meter lang ist das Gespann, das Ben Mbarek vorsichtig auf dem Busparkplatz an der Arena rangiert. Der junge Mann macht gerade seinen DE-Führerschein, denn er will Busfahrer werden, am liebsten bei der Vestischen. Der leere Parkplatz bietet ihm ideale Trainingsbedingungen.
„Wir sind froh, dass Gelsenkirchen uns das ermöglicht. Wir haben sonst kaum Möglichkeiten, die Grundfahraufgaben zu üben“, sagt Mbareks Fahrlehrer, Gregor Fenten. Plätze, an denen Anfänger üben können, große Gespanne zentimetergenau rückwärts um die Ecke in eine Parklücke zu bugsieren, seien rar. „Im fließenden Verkehr ist das viel zu gefährlich und selbst in Gewerbegebieten ist tagsüber zu viel los“, erklärt Fenten.
Farbige Markierungen auf dem Boden
Deshalb kommt er regelmäßig mit seinen Schülern und bunten Plastikhütchen im Gepäck nach Erle. Und er ist nicht der einzige: „Nachmittags wird es hier richtig voll“, erzählt er. Auch die Markierungen, die mit Farbe auf den Boden gemalt sind, zeigen: Hier wird professionell geübt. Mit gestrichelten grünen Linien ist der Wendekreis für Lkw gekennzeichnet, die weißen Punkte zeigen an, wo Pylonen sinnvoll platziert werden können.
Und tatsächlich herrscht um 14.30 Uhr reger Betrieb auf der Fläche: Entlang des einen Streifens parken gleich mehrere Laster mit Anhängern immer wieder zwischen Kegeln ein und wieder aus. Auf dem anderen sind zwei Fahrschulwagen geparkt. Unweit davon stehen Martin Raubuch und Thorsten Reiß und sprechen Anweisungen für die Fahrschüler, die die Fläche mit Motorrädern umkreisen, in ihre Funkgeräte. „Und jetzt noch mal im zweiten Gang.“ „Ja genau, langsam die Kupplung kommen lassen.“ „Nicht die Vorderradbremse!“
Sarah Hohn und Calvin Wüst sitzen zum ersten und dritten Mal auf den Zweirädern, wirken noch unsicher bei deren Handhabung. Während Sarah Hohn auf der langen Geraden Anfahren und Bremsen übt, soll Calvin Wüst liegende Achten auf dem Parkstreifen fahren. Gar nicht so leicht, dabei einen gleichmäßigen Radius einzuhalten.
Berufskraftfahrer sind gefragt
Der Lkw von Okan Onat hat acht Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge sowie Zwischengänge, zwischen denen Fahrschüler in der Prüfung hin- und herschalten müssen.
Grundfahraufgaben für den alle Führerscheinklassen mit Anhänger sind das Rückwärtsfahren um eine Ecke nach links und an eine Rampe.
Wer einen Bus- oder Lkw-Führerschein hat, hat damit gute Chancen am Arbeitsmarkt: Berufskraftfahrer sind stark gefragt. In vielen Fällen beteiligen sich Firmen oder das Jobcenter deshalb an den Kosten von schnell über 2000 Euro.
Kein Training mehr am Hafen
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„Wir haben richtig Glück, dass wir hier in Ruhe das Handling üben können“, sagt Raubuch. „Wir machen schon viele Stunden hier“, fügt Reiß hinzu. Seitdem das Quartier Graf Bismarck belebt und die Fahrbahn dort mit Bodenschwellen zum Hindernisparcours geworden ist, weichen die Fahrlehrer auf den Parkplatz aus. „Von Mai bis August ist hier die Hölle los“, sagen die beiden. Dann kurvten dort zahlreiche Anfänger verschiedener Fahrschulen mit ihren Zweirädern umher.
Okan Onat kommt das ganze Jahr über aus Herten zur Arena. Der Fahrlehrer aller Klassen bildet viele Schüler aus, deren berufliche Zukunft an den Führerschein geknüpft ist. So wie Jonas Perssun. Der Schwede, der in Deutschland arbeitet, hat bereits einen Lkw-Führerschein der Klasse C. Weil sein Chef nun einen neuen Anhänger gekauft hat, muss Perssun die CE-Prüfung ablegen.
Gekonnt manövriert er den schwarzen Lkw samt Anhänger – Gesamtlänge des Gespanns immerhin knapp 18 Meter – in einer Linkswendung rückwärts zwischen die gelben Pylonen. Ein prüfender Blick. Sieht gut aus. „Zeit für eine Pause“, befindet Onat zufrieden. „So einen Fahrschüler wünscht sich jeder.“ Er hofft, dass die Stadt die Fahranfänger künftig nicht von der Parkfläche verbannt. „Mein Ziel ist es, dass die Schüler das Fahrzeug wirklich sicher beherrschen. Dazu brauchen wir viel Platz und Ruhe“, sagt er.
Nicht überall legal
Berufskraftfahrer sind gefragt
Der Lkw von Okan Onat hat acht Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge sowie Zwischengänge, zwischen denen Fahrschüler in der Prüfung hin- und herschalten müssen.
Grundfahraufgaben für den alle Führerscheinklassen mit Anhänger sind das Rückwärtsfahren um eine Ecke nach links und an eine Rampe.
Wer einen Bus- oder Lkw-Führerschein hat, hat damit gute Chancen am Arbeitsmarkt: Berufskraftfahrer sind stark gefragt. In vielen Fällen beteiligen sich Firmen oder das Jobcenter deshalb an den Kosten von schnell über 2000 Euro.
Und natürlich einen ausgebildeten Lehrer. Daran, das beobachten einige der regelmäßigen Besucher, halten sich nicht immer alle. Immer wieder kommen auch Privatpersonen zum Üben auf den Parkplatz, teils ohne Führerschein. Das weiß die Polizei bereits. Sprecher Christopher Grauwinkel betont jedoch: „Der Busparkplatz ist in diesem Zusammenhang kein Schwerpunkt. Solche Delikte finden auch auf anderen öffentlichen Parkplätzen und Freiflächen im Stadtgebiet statt.“
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Als problematisch stuft die Stadt die Situation ebenfalls nicht ein – im Gegenteil: Es sei erfreulich, dass dieses Areal so sinnvoll genutzt werde, wenn kein Heimspiel und kein Konzert in der Arena stattfinden. Ben Mbarek, Jonas Perssun, Sarah Hohn, Calvin Wüst und all’ die anderen Neulinge am Steuer dürfen also wiederkommen.