Gelsenkirchen-Erle. Im Gelsenkirchener Erich-Kästner-Haus entstehen im internationalen Workcamp Holzhäuser. So unterschiedlich wie die Baustile sind die Erbauer.
Wenn junge Menschen durch einen Aufenthalt im Ausland über den eigenen Tellerrand blicken, ist das meist förderlich für deren Entwicklung. Wenn noch jüngere Menschen in ihrem Umfeld erste Kontakte zu Besuchern aus ganz unterschiedlichen Ländern haben, Sprachbarrieren überwinden müssen, kann das auch nicht schaden. Und wenn dann noch alle an einem Strang ziehen, etwas entstehen lassen, das die gemeinsame Zeit überdauert, dann hat man wohl alles richtig gemacht. Im Erich-Kästner-Haus läuft gerade ein solches Projekt. Noch ist man mittendrin im Miteinander und der Arbeit. Das Ergebnis verspricht schon jetzt, gut zu werden – auf allen Ebenen.
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Elf Jugendliche sind gekommen, am Workcamp teilzunehmen. Angereist sind sie aus Estland, Mexiko, Amerika, Japan, Frankreich und Spanien. Die Sprache, die alle verbindet: Englisch. Gemeinsam bauen sie drei Holzhäuschen im Außengelände der Einrichtung. Eines, mit charmantem Tonnendach, soll eine Hobbit-Höhle sein. Ein zweites sieht aus wie ein Hexenhäuschen. Das dritte erinnert in der Form an die Architektur der Bauhäusler. Das Design der Kunstschule ist auf der ganzen Welt bekannt. „Darüber sprechen wir mit den Teilnehmern auch“, erklärt Nicole Forstheim aus dem Erich-Kästner-Haus.
Bauleiter hat einst Gartenhäuser gebaut
Gebaut werden die drei Häuschen unter Anleitung von Willi Wenzel, Tischlermeister beim TÜV-Nord-Bildung. Den kennt die pädagogische Mitarbeiterin privat – ebenso wie seinen Garten, in dem schon ein Hexenhäuschen steht. „Meine Frau wollte einen Geräteschuppen haben. Da hat sie das Hexenhaus bekommen“, erzählt der versierte Handwerker. Auch, dass er einst bei einem Unternehmen beschäftigt war, das Gartenhäuser herstellte. Schnell steht fest, Willi Wenzel wirkt mit beim Projekt. „Mit den drei so unterschiedlichen Haustypen wollte ich zeigen, hinter der Fassade sind die alle gleich. Sie sehen nur unterschiedlich aus – so wie wir Menschen.“ Es wird noch tiefgründiger: „Die Häuser können trotz ihrer Verschiedenheit nebeneinander stehen. Das kann man auch im übertragenen Sinne begreifen.“
Das Programm gibt es seit neun Jahren
Seit neun Jahren veranstaltet die Stadt Gelsenkirchen in Zusammenarbeit mit dem internationalen Jugendgemeinschaftsdienst (ijgd) ein Workcamp.
Einige Male fand das schon im Erich-Kästner-Haus statt. So auch in diesem Jahr. Ein weiterer Kooperationspartner in der Realisierung der „Häuser der Begegnung“ ist der TÜV-Nord-Bildung.
Insgesamt verbringen die Jugendlichen drei Wochen in der Stadt. Die Häuser sollen in dieser Zeit fertig gestellt sein. Läuft alles wie geplant, werden sie am Ende der Aktion mit einem Fest eingeweiht und dienen später der städtischen Jugendeinrichtung als Freizeit- und Veranstaltungsräume.
Die Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 23 Jahren leben genau das. Sie alle sind unterschiedlich, bringen Erfahrungen mit aus verschiedenen Kulturkreisen und schaffen doch gemeinsam etwas. Nur gemeinsam. Und die Kleinen, die ihre Ferien in der Heimat verbringen, schauen sich ihre Lektionen bei den Großen einfach ab. „Ich mache nach, was die machen“, erzählt Leonie wie sie versucht, beim Häuserbau mitzuhelfen. Die Achtjährige kommt nach den Ferien in die dritte Klasse, hat zwar schon etwas Englisch gelernt, jedoch nicht genug, um sich zu unterhalten. „Das geht nur ein bisschen.“ Für den Rest müssen Hände und Füße herhalten.
Französin ist zum zweiten Mal dabei
Hannah hat es da leichter. Die 16-Jährige ist im amerikanischen Virginia zu Hause, jedoch im Süden der Bundesrepublik geboren. Deutsch ist ihre Muttersprache. „Aber ich war noch nie im Ruhrgebiet“, erzählt sie, warum sie sich zur Teilnahme entschied. „Ich mache gern etwas Sinnvolles für andere Menschen. Wenn ich dafür reisen kann, ist es umso schöner.“ Antonine ist schon Wiederholungstäterin. Vor zwei Jahren nahm die Französin erstmals an einem Workcamp teil. „Aber ich bin zum ersten Mal als Leiterin dabei.“
Eine Aufgabe, die sie gemeinsam mit ihrer Freundin Lisa übernommen hat. Die hat sie in einem vorherigen Camp kennen gelernt.
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. „Mit einigen Leuten bin ich im Kontakt geblieben“, erzählt die 20-Jährige. Eben das mache den Reiz aus: „Angefangen hatte ich, weil ich einfach etwas machen wollte in den Sommerferien. Aber in meinem ersten Workcamp habe ich erlebt, was für eine internationale Erfahrung die Teilnahme ist und wie vielen Menschen aus allen Teilen der Welt ich dadurch begegnet bin.“ Ob sie im nächsten Jahr wieder teilnehmen wird? „Auf jeden Fall.“