Gelsenkirchen. Sicherheitskräfte unterstützen die Schwimmmeister in den Gelsenkirchener Freibädern schon länger. Trotzdem hatten sie nie mehr zu tun als jetzt.

„Früher hatte der Bademeister seine Trillerpfeife und damit alles im Griff“, erinnert sich Oliver Gergens. Das, so der Leiter des Schwimmbads im Revierpark Nienhausen, sei inzwischen komplett anders. Heute haben sich nicht nur die Aufgaben der Schwimmmeister geändert, sie benötigen zunehmend die Unterstützung von Sicherheitspersonal, um den Frieden im Freibad zu sichern.

Bis zu vier Wachleute sind deshalb an heißen Tagen im Revierpark im Einsatz, um kleine und größere Konflikte zwischen Badegästen zu deeskalieren. Und auch, wenn der Park bereits seit Jahren auf die externen Helfer setzt, so wurden sie noch nie so dringend benötigt wie jetzt, erklärt Parkleiter Franz Dümenil: „Wir haben eine Veränderung bemerkt. Das Aggressionspotenzial ist höher geworden“, sagt er.

Issa: Jugendliche mit Migrationshintergrund oft aggressiv

Etwas, das auch Muhamed Issa beobachtet hat. Er betreibt die gleichnamige Sicherheitsfirma in Essen. Seit 20 Jahren unterstützen seine Angestellten Schwimmmeister in Freibädern – auch im Revierpark an der Feldmarkstraße. „Früher haben wir mal Kinder rausgeworfen, die über den Zaun geklettert sind“, erzählt Issa, „heute beschäftigen uns hauptsächlich aggressive Jugendliche.“ Gerade junge Freibadbesucher mit Migrationshintergrund fielen immer öfter durch Pöbeleien auf.

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Ein Problem mit dem das Personal im Sport-Paradies noch stärker zu kämpfen hat. „Wie auch in den umliegenden Städten, stellen wir in der letzten Zeit fest, dass einige Gäste immer wieder durch respektloses oder sogar gewalttätiges Verhalten auffallen“, sagt Janin Meyer-Simon, Sprecherin für das Stadtwerke-Bad. Nach mehreren Zwischenfällen sind dort nach ihren Angaben bis zu 16 Sicherheitskräfte im Einsatz – deutlich mehr als noch vor einigen Jahren.

Und auch, wenn Dümenil und Issa sich darüber einig sind, dass es im Revierpark vergleichsweise gesittet zugehe, können sie sich ein Bad ohne Security nicht mehr vorstellen. Denn die Schwimmmeister arbeiten am Beckenrand ebenfalls am Limit und können sich nicht noch zusätzlich darum kümmern, Streithähne zu trennen. Ihnen bereiten besonders unaufmerksame Eltern Sorgen.

Eltern verlieren ihre Kinder regelmäßig aus den Augen

Wenn das Wetter mitspielt, ist das Sportparadies auch gut gefüllt. Eine Herausforderung für das Aufsichtspersonal.
Wenn das Wetter mitspielt, ist das Sportparadies auch gut gefüllt. Eine Herausforderung für das Aufsichtspersonal. © Funke Foto Services GmbH | Foto: Joachim Kleine-Büning

„Die Sicherheit der Kinder wird nicht mehr großgeschrieben“, fasst Patricia Klein, Fachangestellte für Bäder und angestellt in Nienhausen, zusammen. Im Minutentakt müsse sie an heißen Tagen eingreifen, Kleinkinder ohne Schwimmflügel aus dem Becken holen, nach deren Eltern suchen, sich erklären. Im Bad tummelten sich nämlich nicht nur immer mehr Kinder, die nicht schwimmen könnten, viele Eltern seien auch so abgelenkt, dass sie ihre Kleinen regelmäßig aus den Augen verlieren würden.

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Doch damit nicht genug: „Oft reagieren Eltern extrem unfreundlich, wenn ich sie darauf anspreche. So, als hätten sie ihre Aufsichtspflicht mit Betreten des Bads an die Schwimmmeister abgegeben“, sagt Klein. Immer wieder müssten sie und ihre Kollegen sogar nach den Erziehungsberechtigten von Krabbelkindern suchen. „Für mich ist das unbegreiflich.“

Um dem Aufsichtspersonal die Arbeit zu erleichtern, haben Dümenil und Gergens das Bad bereits vor Jahren umgestaltet. Büsche mussten weichen, damit die Schwimmmeister einen uneingeschränkten Blick auf alle Becken haben. Heute zeigt sich ein weiterer Vorteil dieser Maßnahme: „Wir haben keine Nischen, in denen sich Gruppen mit Posern unbemerkt zusammenfinden können“, sagt Gergens. Auch das Fehlen eines Sprungturms im Revierpark ist laut dem Badleiter kein Nachteil – zumindest was die Gewaltprävention angeht: „Da steigt der Adrenalinspiegel immer und das kann zu Auseinandersetzungen führen.“

Sport-Paradies kündigt hartes Durchgreifen an

Damit kleine Dispute nicht weiter eskalieren, setzen Gergens und Issa darüber hinaus bewusst auf Sicherheitskräfte, die selbst einen Migrationshintergrund haben. „Viele Badegäste sprechen kein oder nur wenig Deutsch, da kommt es schnell zu Missverständnissen“, erklärt der Mann, der selbst nicht in Deutschland geboren wurde. Seine Angestellten könnten meist in der Muttersprache mit aufgebrachten Besuchern sprechen – in der Praxis ein großer Vorteil.

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Im Sport-Paradies setzt die Leitung indes nicht nur auf „geschickte Kommunikation mit Problemgruppen“, wie Meyer-Simon mitteilt: „Auch durch hartes Durchgreifen wollen wir allen Gästen ein gesichertes Freizeitvergnügen bieten.“ Etwas, das im Revierpark laut Gergens noch nicht nötig gewesen sei, „aber wir müssen auf alles vorbereitet sein“.