Gelsenkirchen-Hassel. Carlo Philippi hat seine Gastronomie-Firma an Inhaber eines Catering-Betriebs verkauft. Betreiber wollen Denkmal mal Eventlocation ausbauen.
Sieben Jahre war Karl-Heinz Philippi, den alle am liebsten Carlo nennen, Burgherr auf Haus Lüttinghof. Baute das verschlafen im Grünen liegende Denkmal nach eineinhalb Jahren Leerstand als Gastronom zur Eventlocation aus für Firmenmeetings, Feiern, Tagungen und Kultur. Nun hat die Burg im Wasser neue Pächter und damit eine Doppelspitze: Mario Grube und Gerard van Marm sind neue Gesellschafter der GmbH – vor Ort aber bereits alte Bekannte. Sorgten sie mit ihrem Catering-Unternehmen Limeline Barservice GmbH doch seit Jahren bei zahlreichen Veranstaltungen für den kulinarischen Rahmen.
Seit einigen Wochen können sie Haus Lüttinghof auch offiziell ihr neues Zuhause nennen: Nach dem Kauf von Philippis Firma verlegen sie in diesen Tagen den Sitz ihrer GmbH von Oberhausen nach Hassel. Ihre acht Festangestellten organisieren das „personalisierte Entertainment-Catering“ als Rundum-Sorglos-Paket künftig vom ältesten Baudenkmal Gelsenkirchens aus, wo auch das Essen zubereitet wird.
Das neue Pächter-Duo will Haus Lüttinghof auch überregional bekannt machen
Für das Duo Grube (42) und von Marm (48) eine Win-Win-Situation: „Mit dem Umzug entzerren wir die Arbeiten in der Küche, die einerseits für das Catering von Limeline, andererseits aber auch für unsere Firma Pottkorn anfallen, die Gourmet-Popcorn in verschiedenen Geschmacksrichtungen herstellt“, so der Bottroper Grube. Künftig wird das Edel-Popcorn in Kamp-Lintfort produziert, wo auch das dritte Standbein, die Kaffeerösterei Mahlgrad, ihren neuen Sitz hat.
Haus Lüttinghof soll unterdessen als Eventlocation für private und Firmenfeiern weiter ausgebaut werden, auch überregional. „Wir sind gut vernetzt und wollen mehr Unternehmens-Veranstaltungen nach Hassel holen. Viele wissen gar nicht, dass es hier vor Ort solch ein Kleinod gibt“, so der gebürtige Niederländer van Marm. Der Kuchengarten, eine Erfindung von Philippi, soll in den nächsten Wochen wieder wie gewohnt an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr öffnen, „dann aber mit selbstgebackenem Kuchen und einer kleinen Auswahl unseres selbstgerösteten Kaffees und des Popcorns“, so Grube.
Kuchengarten bleibt sonntags geöffnet
Dauerhaft für Bürger geöffnet sein wird die Gastronomie also ebenso wenig wie unter Burgherr Philippi. Aber auch wer dort nicht seine Hochzeit feiert oder bei der Uhren-Präsentation eines Juweliers eingeladen ist, soll die Gelegenheit bekommen, Haus Lüttinghof zu besuchen: „Wir denken über einen Weihnachtsmarkt und ein Sommerfest nach, über Kochkurse und ein Rum-Tasting im November in Zusammenarbeit mit der Firma Possemeyer“, kündigt Grube an.
Ältestes Baudenkmal in Gelsenkirchen
Das erste Gebäude der Wasserburg Lüttinghof entstand kurz vor 1308 in den Niederungen eines alten Handelswegs und ist damit das älteste Baudenkmal in Gelsenkirchen. Lange Zeit diente die Burg als Mühle, Kapelle und Wohnsitz von Adeligen. Im 18. Jahrhundert wurde die Burg im Stil des Barocks umgestaltet, im 20. Jahrhundert wurden Kapelle und Wirtschaftsgebäude abgebrochen.
Anstelle der Vorburg wurde bis 1991 ein moderner Neubau errichtet, in dem verschiedene Firmen ihren Sitz haben. Seit 2005 werden einige Räumlichkeiten als Studienseminarräume für die Lehrerausbildung genutzt.
Eigentümer des Ensembles ist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
Heute steht das Gebäude mit seinen drei Ebenen unter Denkmalschutz. Es befindet sich im Naturschutzgebiet.
Und die Kultur, Herzensangelegenheit ihres Vorgängers Philippi, mit dem Grube viele Jahre „gut zusammengearbeitet hat“? „Es stehen bereits drei Termine für Kammerkonzerte: am 3. November, am 26. Januar und am 29. März 2020, die wieder Volker Zwetzschke vom Freundeskreis für Musik und Kunst organisiert“, betont van Marm die musikalische Kontinuität. Was andere öffentliche Veranstaltungen angeht, so seien sie grundsätzlich aufgeschlossen. Alles sei sinnvoll, was helfe, die Burg bekannter zu machen. „Aber das müsste dann jemand anderes realisieren.“
Vorgänger hofft, dass das Haus künftig öffentlich zugänglich bleibt und Kultur bietet
Philippi selbst hofft unterdessen, „dass die Burg weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich ist und nicht nur als Eventlocation genutzt wird, sondern auch für kulturelle Zwecke“. Er habe die Gastronomie verkauft, „weil ich noch so viele andere Projekte betreue“. Erst vor Kurzen habe er einen Teil der Zeche Rheinpreußen in Moers als Eventlocation gekauft, zudem pendele er immer zwischen dem Ruhrgebiet und seinem zweiten Lebensmittelpunkt München hin und her. „Insgesamt steht die Gastronomie glänzend da, nachdem sie 2011 am Boden gelegen hatte. Es macht Freude, sie in diesem Zustand abzugeben.“
Besonders stolz ist er auf den Erfolg der Kammerkonzerte und des dreitägigen Kultursommers mit Klassik, Jazz und Kino. „Dorthin kamen mehr als 1500 Besucher; er war über die Grenzen von Gelsenkirchen hinaus bekannt.“ 2017 hatte er das Festival freilich (auch für die Folgejahre) absagen müssen, weil nach vier Jahren ein Sponsor abgesprungen war und sich kein neuer fand. „Als Ideengeber und Veranstalter gebe ich nun auf“, hatte er damals erklärt. Damit habe die Aufgabe von Haus Lüttinghof allerdings nichts zu tun, betonte Philippi.