Gelsenkirchen-Horst. . Der Vorsitzende der DLRG hält eine empfohlene Schließung für eine „fatale Fehleinschätzung“. 1100 Kinder kommen wöchentlich zum Schwimmen.
Die Studie zur Zukunft der Bäderlandschaft empfiehlt, das Horster Hallenbad nicht zu renovieren und „auslaufen zu lassen“. Die WAZ sprach über dieses Thema mit dem 1. Vorsitzenden der DLRG Horst, Georg Jansen. Der Ortsgruppen-Chef hält diese Erwägung für eine fatale Fehleinschätzung.
Wie wichtig ist das Hallenbad Horst für die DLRG?
Georg Jansen: Der SV Horst 64 und die DLRG Horst bilden wöchentlich im Horster Bad über 300 Kinder aus. Während des morgendlichen Schulschwimmens sind ca. 800 Kinder und Jugendliche innerhalb einer Woche dort. Hier nicht mehr zu investieren, würde dauerhaft noch mehr Nichtschwimmer produzieren.
Wieso ist die Schwimmfähigkeit so wichtig?
Eine repräsentative Forsa-Umfrage hat es deutlich aufgezeigt: 59 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer. Dies hat der Präsident der DLRG, Achim Haag, letzte Woche in Hannover bekannt gegeben. Als sicherer Schwimmer wird bezeichnet, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze (Freischwimmer) erfüllt. Diese Auffassung wird unterstützt von allen schwimmsporttreibenden Verbänden und der Kultusministerkonferenz (KMK). „Die Schwimmfähigkeit der Kinder im Grundschulalter ist weiterhin ungenügend.
Haben nicht 77 Prozent aller Kinder das Seepferdchen und so bewiesen, dass sie schwimmen können?
Das Seepferdchen ist kein Schwimmabzeichen, hier handelt es sich lediglich um eine Bescheinigung dafür, dass sich das Kind auf einer Stecke von 25 Metern über Wasser halten kann. Alle Experten, Sportwissenschaftler und unsere Ausbilder sind sich einig, dass die Prüfungsanforderungen des Seepferdchens zu gering sind, um jemanden als sicheren Schwimmer zu bezeichnen.
Welche direkten Folgen hätte eine Schließung des Horster Hallenbades?
Letztendlich würde hier in Horst eine 50-jährige Tradition von DLRG und SV Horst 64 mit einem Federstrich ausgelöscht. Beide Vereine in unserem Hallenbad stehen auch für eine Sozialkompetenz-orientierte Jugendarbeit. Eine Kompetenzvermittlung alleine in der Schule ist heute nicht mehr ausreichend, damit sich Jugendliche als vollwertige Mitglieder in der Gesellschaft etablieren können. Hier in den Vereinen erlernen die Heranwachsenden soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme, die auch für eine berufliche Kariere unabdingbar sind. Festzustellen ist ein Anstieg der Sozialkompetenz bei Jugendlichen, welche sich ehrenamtlich engagieren. Aber auch die Integration von Mitbürgern aus anderen Staaten und Kulturen, wie von der Politik gefordert, gelingt in den Vereinen hervorragend. Bei uns gibt es keine Flüchtlinge, Migranten oder Ausländer, bei uns gibt es nur Kameradinnen und Kameraden sowie Kinder, die Schwimmen lernen wollen, egal welchen staatlichen, kulturellen oder religiösen Hintergrund ein Mensch hat. Alleine diese beiden Gründe machen ein Erhalten von drei Schwimmstätten in Gelsenkirchen ohne Alternative deutlich.
Kommen wir noch einmal zurück auf das Schulschwimmen. Die Studie favorisiert ein zentrales Bad für das Schulschwimmen – entweder in einem großen Freizeit- und Sportbad oder in einem eigens für den Schul- und Vereinssport. Ist das realistisch?
Nein. Für den Schwimmunterricht planen die Schulen 90 Minuten ein. Wenn die Schüler aus Horst in Zukunft nach Buer und Gelsenkirchen fahren müssen, sind 45 Minuten bereits für Hin- und Rückfahrt weg. Hinzu kommt die Umziehzeit. Dann bleiben Wasserzeiten von maximal 20 Minuten. Das produziert noch mehr Nichtschwimmer.
Was würde der Verlust des Hallenbads für den Stadtteil bedeuten?
Da wird einem 30 000 Einwohner zählenden Stadtteil ein Stück des kulturellen Lebens beraubt. Wir sind doch bereits gebeutelt: Die Zukunft des Krankenhauses ist ungewiss, die Polizeiwache immer wieder in der Diskussion und jetzt das Schwimmbad. Die öffentlichen Bäder haben nicht zuletzt deshalb eine herausragende Bedeutung für den Freizeitwert und die Lebensqualität der Städte. Es muss diskutiert werden, wie Bäder – trotz knapper Finanzmittel – erhalten und attraktiver gestaltet werden können. Das gilt auch für Horst.