Gelsenkrichen-Beckhausen. . Immer größer wird die Zahl der Motorradfahrer, die zur Segnung in der Gemeinde Liebfrauen in Beckhausen kommen.
„Dir, Gott, will ich vertrauen! Wenn ich auf meine Maschine steige, erinnere ich mich daran, dass ich in Deiner Hand bin.“ Das, also in Gottes Hand, ist man dem Sprichwort nach vor allem auf hoher See und vor Gericht. Immer mehr aber sind es auch die Biker im zunehmenden Straßenverkehr. Sie soll der Segen schützen, mit dem Pastor Bernd Steinrötter im sechsten Jahr das „Anfahren“ eröffnet.
Jeder Fahrer wird einzeln gesegnet. Thomas ist der erste. Gemeinsam mit seiner Freundin steht er neben seiner „Harley Davidson Softail“. Der Pastor besprenkelt alle mit Weihwasser – einer ordentlichen Portion. „Sie sind der erste“, sagt er. „Da kommt am meisten raus.“ Alles lacht. Das ist erlaubt. Denn hier treffen Freude – die am Leben wie die am Fahren – und Ernst aufeinander.
Die Angst fährt immer mit
Die Biker wissen, es kann auch mal schief gehen. Die Angst fährt hintergründig mit. „Wir sind Todeskandidaten“, sagt Thomas. Schon weil das Motorrad keine Knautschzone habe. Seit Jahren holen er sich regelmäßig hier den Segen. Obwohl er eigentlich kein großer Kirchgänger ist. „Wenn ich nicht dran glauben würde, wäre ich nicht hier.“ Tatsächlich wirkt der Segensspruch. Nicht nur auf der Straße, aber da auch. Der Biker fährt seit Jahren ohne Unfall, ohne Panne. Und auch sonst läuft es gut. In der Familie. In der Liebe. „Wir fahren kein Jahr ohne den Segen“, sagt Thomas – und hält sich dran. Trotz des schönen Wetters der vergangenen Tage hat er noch keine große Tour gemacht. Zu der startet man gleich gemeinsam.
Der Erfolg spricht sich herum. Zum ersten Mal ist André dabei mit seinem Quad. „Wir wohnen gleich hier und kennen die Veranstaltung“, erzählt er, wie er auf die Idee kam. „Ich erhoffe mir, dass ich keinen Unfall baue oder jemanden anfahre.“ Auch André hat den Segen abgewartet. „Hier und heute ist Anfahren.“ Gut, ein paar kleine Runden habe er gedreht. „Aber so richtig geht es heute erst los.“
Auf dem Grün neben der Kirche
Die Motorräder stehen in einer imposanten Reihe auf dem Grün neben der Kirche. Das ist zum ersten Mal so. Sonst fand die Segnung auf dem Parkplatz vor der Kirche statt. Dazu gab es einen Getränkestand und Musik. Beides entfällt heute. „Wir wollten das lieber familiär halten“, sagt Hermann Sievers. Gemeinsam mit Tochter Ramona rief er die Veranstaltung ins Leben, organisiert sie bis heute. Traditionell beginnt der Tag in seiner Gaststätte „Glückauf Quelle“ mit einem Frühstück. Nach der Segnung starten die Biker in Gruppen zur ersten Tour. Heute zieht es die einen nach Wesel, die anderen nach Haltern.
Als alle den Segen erhalten haben, applaudieren die Biker. Dann werfen sie die Motoren an. Hier schnurrt eine Maschine, da knattert eine andere. So klingt für Biker der Sommer. Mit Gottes Segen brechen sie auf zur ersten großen Tour des Jahres.