Gelsenkirchen-Beckhausen. Am Sonntag nahmen wieder zahlreiche Motorradfahrer den Segen Gottes entgegen für die Saison. Das Ereignis ist in der Szene zum Kult geworden.
Pastor Bernd Steinrötter betet. Vor ihm stehen zahlreiche Motorräder. Um ihn herum deren Fahrer. „Lass sie immer wohlbehalten wieder ankommen und zu ihren Zielen kommen.“ Es ist der Höhepunkt des „Biker-Saisonstarts“ in Beckhausen. Auch für die harten Jungs und Mädels, die dort heute zusammenkommen.
„Ich habe immer richtig Glück gehabt und bin unfallfrei gefahren“, sagt Thomas, der mit seiner Harley da ist – nicht zum ersten Mal. „Ohne den Segen fahre ich keine langen Strecken. Das ist ein Ritual, das gehört dazu.“ Glaube oder Aberglaube? „Das ist Glaube“, sagt er und zeigt dann noch ein Glöckchen, das am tiefsten Punkt seiner Maschine hängt. Auch das soll helfen. „Das ist ein Glücksbringer für Harley-Fahrer.“ Als Bernd Steinrötter sich ihm nähert, lässt er den Motor an. Dann nimmt er die persönliche Segnung – samt Weihwasser-Spritzern – entgegen. „Unser Glaube ist begreifbar und kann auch mal nass werden“, hatte der Geistliche vorgewarnt und gebeten: „Das hinterlässt Spuren, die müssen sie nicht sofort wegwischen.“ Tut dort auch niemand. Die meisten sind glücklich über die Wassertropfen auf der innig geliebten Maschine.
Gemeinschaft steht im Mittelpunkt
Auch die Harley Davidson „Hardcore“ von Siegfried steht in der Reihe. Den Segen Gottes will der Biker mitnehmen. „Ich denke, es ist Aberglaube. Ich sehe dieses Treffen nicht als Glaubensakt, für mich steht die Gemeinschaft im Mittelpunkt. Es ist ein großes Treffen, bei dem man viele Bekannte trifft, die man sonst das ganze Jahr über nicht sieht. Das ist schon ein Kult. Erst frühstücken wir zusammen, dann kommt der Segen und dann machen wir eine Tour.“ Den Beistand Gottes müsste er nicht in Empfang nehmen. Drauf verzichten will er aber auch nicht. Wo er schon mal da ist. „Das nehme ich mit – als letzten Strohhalm“, sagt er und lacht. „Es gibt Situationen im Leben, in denen wir alle glauben. Wenn man in einer bedrohlichen Lage ist. Wenn der Segen dann wirkt, ist es ja gut.“
Dass Glaube und Aberglaube dort gleichermaßen anzutreffen sind, das trägt Bernd Steinrötter mit Fassung. „Da bin ich offen. Ich denke aber, dass auch diese feinen Kerle in ihrer rauen Schale das Bedürfnis haben, sicher nach Hause zu kommen. Wichtig ist mir, dass die Menschen sehen, Kirche ist auch dort mit dabei und der Glaube hat etwas mit unserem Leben zu tun.“ Mit einer Anekdote aus dem letzten Jahr wartet er dann noch auf: „Da stand ein Motorradfahrer während der Segnung am Rande und hat gelästert. Nach dem Ritual sind alle losgefahren zu einer Tour. Nur seine Maschine sprang nicht an.“ Gottes Wege sind auch beim Motorradfahren unergründlich.
Auf all ihren Wegen mit Gottes Segen
Weiter geht es. Bernd Steinrötter geht zu jedem Motorradfahrer hin, der den Segen entgegen nehmen möchte. Einige scheinen fast ein bisschen aufgeregt, andere sind bewegt. „So segne sie auf all ihren Wegen der gute und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.“