Gelsenkirchen-Scholven. Klaus Giesen stellt in seinem neuen Buch das West-Netz der Vestischen Straßenbahnen vor und geht dabei auch auf Linien in Scholven und Bülse ein.
- Vor vier Jahrzehnten ging die Straßenbahn-Ära im nördlichen Ruhrgebiet zu Ende
- Klaus Giesen beschreibt in seinem neuen Buch spannende Verkehrsgeschichte
- Einst rumpelte die Tram auch über die Nienkampstraße in Scholven
Wer heute an der Nienkampstraße an der Haltestelle steht und auf den Bus wartet, wird kaum ahnen, dass auch Scholven einmal ein fester Bestandteil eines dichten Straßenbahnnetzes im nördlichen Ruhrgebiet war.
Lang ist’s her, dass die Linie 11 der Vestischen Straßenbahnen zwischen Gladbeck und Buer verkehrte und auf dieser knapp acht Kilometer langen Strecke einen weiten Bogen beschrieb und dabei auch an der Bülsestraße hielt, deren anderes Ende von der Linie 10 bedient wurde. Beide Linien finden Erwähnung in dem neuen Buch von Klaus Gießen. Darin macht er sich „Auf Schienen zur Schicht“ und beschreibt kenntnisreich die Geschichte der Straßenbahn vorrangig in Bottrop, Gladbeck und Kirchhellen.
Vor 40 Jahren kam das Ende der Tram-Ära
Für einen ausgewiesenen Straßenbahn-Enthusiasten wie Klaus Gießen war es eher ein trauriger Anlass, der zu dieser Buch-Idee führte: Vor 40 Jahren, am 27. November 1976, verkehrte die letzte Tram zwischen Bottrop und Gladbeck, zwei Jahre später kam nach fast 70 Jahren auch das Aus für den Abschnitt von Buer über Gladbeck nach Horst. Dabei hatte die Straßenbahn über viele Jahrzehnte die Mobilität der Menschen im Ruhrgebiet sichergestellt. Die Tram brachte die Arbeiter zu den Zechen und zu den Hochöfen, später dann wurde sie gern geschätzt, um damit zum Einkaufen in die die Innenstädte zu fahren und an den Wochenenden Freizeitziele anzusteuern.
So gab es einmal eine Linie 17, die auf ihrer Stammstrecke zwischen Gladbeck und Kirchhellen verkehrte, aber zwischenzeitlich als Linie 19 ihren Weg auch bis Essen-Bredeney nahm. Klaus Giesen: „Über viele Jahre betrieb die Vestische zwei voneinander getrennte Straßenbahnnetze.“ Erst als im Oktober 1957 die Kreuzung mit der Bahnstrecke in Gladbeck-Ost in Betrieb genommen werden konnte, verschmolzen beide Netze. Die Linie 10 konnte jetzt durchgängig zwischen Bottrop und Recklinghausen fahren dabei auch Haltestellen in Bülse, Buer und Resse bedienen, ohne dass die Fahrgäste die Fahrzeuge wechseln mussten.
Das Schienennetz wurde schnell ausgebaut
Giesen erzählt davon, wie das Schienennetz immer dichter wurde: „Das war in den 1910er Jahren der Fall.“ Beeindruckend auch, mit welcher Schnelligkeit damals Straßenbahnlinien projektiert wurden. „Wenn damals etwas scheiterte, dann lag es einfach am fehlenden Geld und nie an den Einsprüchen besorgter Bürger“, berichtet Klaus Giesen. Aber schon Mitte der 1930er Jahre deutete sich das Ende der Tram-Ära an. Klaus Giesen: „1934 wurde die letzte Linie der Vestischen eröffnet.“
1920 erfolgte der Startschuss für die Scholvener Linie
Die Straßenbahnstrecke durch Scholven wurden etappenweise zwischen 1920 bis 1925 eröffnet. Zunächst verkehrten die Wagen als Linie 14, dann als Linie 10. Als die 10 den direkten Weg von Gladbeck nach Buer über Bülse nahm, erhielt die Scholvener Verbindung die Liniennummer 11. Im Endausbau war die Strecke 7,6 Kilometer lang, die Reisezeit betrug 24 Minuten. In Scholven stand den Straßenbahnen nur ein Gleis zur Verfügung. Ausweichen gab es an der Nienkampstraße in Scholven und an der Berliner Straße in Gladbeck. So war ein 30-Minuten-Takt möglich. Verstärkerfahrten von Buer bis zur Nienkampstraße sorgten tagsüber für einen 15-Minuten-Takt.
Aus Gladbeck kommend, bog die Linie nach rechts in den Scheideweg, dann nach links in die Nienkamp- und auf die Feldhauser Straße in Richtung Nordring, wo die Gleise der Linie 10 erreicht wurden. 1963 kam dann das Aus. Die Linienbezeichnung aber lebte fort: Zunächst zwischen Bottrop und Gladbeck und noch einmal zwischen 1974 und 1977 als „neue“ 11 von Sinsen über Recklinghausen und Buer nach Polsum.