Gelsenkirchen. Auf eine heimatkundliche Führung auf die Halde Rungenberg. Mit Tauben, die verkehrt rum fliegen, jede Menge Dönekes, einer tollen Aussicht.

„Nein, wir haben keinen Dreck mehr unter den Fingernägeln. Und nein, die Tauben fliegen hier auch nicht verkehrt herum, weil sie den Mist auf der Erde nicht mehr sehen können.“

Klaus Herzmanatus ist in seinem Element. Berichtet, was er erlebt, wenn Fremde zu seinen heimatkundlichen Führungen über die Halde Rungenberg, erscheinen. Heute sind nur wahre Ruhris erschienen. Wat’n Glück.

Am Ufer des Lanferbaches

„Die Natur holt sich alles zurück“, sagt Herzmanatus und zeigt auf die Reste einer Mauer. Im Dickicht der neuen, wild wuchernden Sträucher am Ufer des Lanferbaches kann man die alten Mauer der ehemaligen Kokerei nur erahnen. Beim anschließenden Aufstieg über die knapp 300 Stufen bleibt Zeit für Dönekes.

Eigentlich, so berichtet Herzmanatus, wurde die neue Siedlung am Fuße der Halde in den 90er Jahren für Bergarbeiter aus dem Aachener Revier gebaut. „300 wurden erwartet, nur zehn sind gekommen“. Macht nichts, über Leerstände muss man in der Schüngelbergsiedlung nicht klagen.

Kroesken-Kolonie

Auch die weißen Reihenhäuser des Schweizer Architekten Rolf Keller sind bei den Gelsenkirchenern beliebt. Beim Blick von oben auf die geometrisch ausgerichteten Häuserreihen, sagt Herzmanatus: „Jetzt muss man sich das ganze in Schwarz vorstellen, dann sieht man die Grundrisse der alten Fabrikhallen wieder, erkennt was früher einmal war.“

Natürlich gehört zur Geschichte der Siedlung auch, dass sie als „Kroesken-Kolonie“ verschrieen war. „Die kleinen Fenster sind so nah beieinander, dass Mann locker von einer Wohnung in die nächste steigen kann“, erzählt Herzmanatus. Und natürlich auch, dass die Erben des Architekten ihre Zustimmung verweigern, die alten Holz- durch moderne Kunststofffenster ersetzen zu lassen.

Kahles Bergmassiv

Kurz vor dem Gipfel, am Fuß des nunmehr kahlen Bergmassivs, das von der Zeche Hugo aufgeschüttet wurde, endet die Treppe. Die Idee zu der geometrischen, kargen, unbegrünten, unwirtlichen Fläche hatte ebenfalls der Schweizer Architekt Keller. Wo er in seiner Heimat eher das schlichte Gipfelkreuz findet, erwartet die Ruhrgebietswanderer das „Nachtzeichen“ der Künstler Klaus Noculak und Hermann EsRichter.

Im Schatten der rostigen Kananonen gerät Herzmanatus ins Schwärmen. Die „tolle Sicht“ reicht heute von den Borkenbergen im Norden bis zu den Ausläufern des Sauerlandes im Süden. Um die Halde herum, außerhalb des imposanten buerschen Grüngürtels, stehen sie noch, die Wahrzeichen des alten Reviers: Hugo, Ewald, Consol, Nordstern, Zollverein, Prosper ...