Gelsenkirchen. Die Gerüchte über die Finanzkrise von Schalke 04 halten sich hartnäckig. Aber nicht nur der Verein ist in seiner Existenz bedroht. Auch ein Landwirt macht sich Sorgen um seine Zukunft. Heinz Melchers darf seine Wiese bei Heimspielen nicht mehr als kostenpflichtigen Parkplatz anbieten.
Auf Eintracht Frankfurt trifft Schalke 04 heute in der Arena. Ein ganz normales Spiel? Nicht für den Sutumer Landwirt Heinz Melchers, nicht für Hunderte mit dem Auto anreisende S 04-Anhänger. Denn: Nach mehr als 30 Jahren darf Melchers am Freitag, 2. Oktober, zum letzten Mal Fans auf den Wiesen rund um seinen Bauernhof gegen einen Obulus parken lassen. Damit endet ein 2003 begonnener Rechtsstreit. „Die Stadt gefährdet meine Existenz”, klagt Melchers.
Rechtllich ist die Sache allerdings eindeutig. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat Melchers' Antrag auf Zulassung zur Berufung abgelehnt. Heißt: Die Ordnungsverfügung der Stadt von November 2003 gegen die Nutzung der Flächen an der Theodor-Otte-Straße als Parkplatz ist rechtens. Und zwar vor allem deshalb, weil die Nutzung des Areals als Parkplatz in dem Sutumer Landschaftsschutzgebiet illegal ist.
Jahrzehntelang geduldet
Auch die jahrzehntelange Duldung durch die Stadt ändere nichts am Sachverhalt, so die Richter. Und so werden heute bis zu 600 S 04-Fans den Melchers-Hof zum allerletzten Mal ansteuern, dort ihr Auto abstellen und dem wie immer an der Einfahrt stehenden Landwirt 2 Euro (oder auch schon mal mehr) in die Hand drücken.
Der Nebenerwerb mache die Hälfte seines Einkommens aus, sagt der 63-Jährige. Er habe nur das befolgt, was die Politik stets predige: dass Landwirte sich ein zweites Standbein aufbauen sollen. Niedergeschlagen sei er. Und ratlos: „Ich weiß nicht, warum ich für die Stadt der Buhmann bin.”
Entflechtung des Verkehrs
Er sorge mit seinem Angebot zudem für eine Entflechtung des Verkehrs, betont er. Vor allem Fans aus Städten wie Bottrop, Gladbeck und Borken nutzten sein Angebot. Nicht zuletzt deshalb, weil sie dank der Lage des Hofs nach dem Spiel relativ problemlos den Heimweg in Richtung Westen antreten könnten.
Um vor der Bundesliga-Partie am 2. Oktober ein Chaos zu verhindern, will die Stadt die Parkplatznutzung ein allerletztes Mal dulden. Vor dem Spiel werden städtische Mitarbeiter am Bauerhof Handzettel an Autofahrer verteilen, damit diese sich zum nächsten Heimspiel neu orientieren. Sollte Heinz Melchers den Parkplatz vor dem Heimspiel gegen den HSV am 25. Oktober erneut öffnen, droht ihm ein Ordnungsgeld von zunächst 1500 €.
Die Hoffnung auf ein Happy-End, sprich: auf eine Sondernutzung, hat der Landwirt noch nicht aufgeben. Den Verweis aufs Landschaftsschutzgebiet lässt er nicht gelten: „Ich mache das jetzt seit Eröffnung des Parkstadions. Geschadet hat es bisher nicht.” Und: Auch anderswo gebe es Parkplätze in Landschaftsschutzgebieten - zum Beispiel bei Hof Holz.
Weniger Kapazität
Stadtsprecher Martin Schulmann bestätigt dies. Aber: „Es handelt sich dort um ein geordnetes Verfahren in Abstimmung mit der Bezirksregierung.” In Beckhausen sei ein Hofladen mit Stellplätzen genehmigt worden. Die Kapazität des Parkplatzes sei zudem deutlich niedriger als die der Fläche in Sutum.
Allein gegen alle stand Heinz Melchers in diesem Verfahren übrigens nicht. Der damalige OB Oliver Wittke und die CDU hatten sich 2003 ebenso hinter ihn gestellt wie vor zwei Jahren der Petitionsausschuss des Landtags. Kaufen kann sich Melchers dafür nichts, denn: Die Bewertung des Petitionsausschusses spiele für die rechtliche Prüfung keine Rolle, so das OVG.
Schalke sieht keinen Handlungsbedarf
Der FC Schalke 04 sieht nach dem Aus für den (privaten) Parkplatz im Sutumer Feld keinen Handlungsbedarf.
Rund um die Arena gebe es 12 000 öffentliche und kostenlose Parkplätze sowie 2400 kostenpflichte Stellplätze in Arena-Nähe für V.I.P.s, so Schalkes Sicherheitsbeauftragter Volker Fürderer auf Anfrage der WAZ. „Bei Heimspielen sind die Parkplätze rund um die Veltins-Arena aber nur zu rund 70 Prozent ausgelastet.”
Und auch beim Abfluss des Verkehrs, für den die Stadt einst ein Gutachten erstellt habe, sehe der Verein zurzeit keinen grundsätzlichen Optimierungsbedarf, so Volker Fürderer. Bei großen Nicht-Fußball-Veranstaltungen in der Veltins-Arena gebe es immer wieder mal Probleme wie beim U 2-Konzert, räumt er ein. Diese seien vor allem darauf zurückzuführen, dass die meisten Besucher anders als bei S 04-Spielen nicht ortskundig seien.
Über den Bau von Parkhäusern war einst im Zuge der Erstellung eines Leitplans für das Berger Feld durch Stadt und Schalke 04 nachgedacht worden. Dieses Thema ruhe zurzeit, sagt Volker Fürderer.
Die Chronologie des Rechtsstreits
Im Zuge der Neuordnung von Parkplätzen rund um die neue Arena befasste sich der Stadtplanungsausschuss erstmals im Mai 2002 mit der Melchers-Fläche im Sutumer Feld. Im Mai 2003 erteilte die Politik der Stadt den Auftrag, ein ordnungsbehördliches Verfahren einzuleiten. Gegen die Stimmen der CDU bestätigte der Rat diese Entscheidung im Juni 2003. Nach erfolglosem Widerspruchverfahren erhob der Landwirt im März 2004 Klage vor dem Verwaltungsgericht.
Im August 2007 wies das Gericht die Klage ab. Melchers beantragte beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung zur Berufung. Das OVG lehnte dies am 10. August 2009 ab. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, das Urteil des Verwaltungsgerichts ist damit rechtskräftig.