Essen-Rüttenscheid. Seit Jahren bestrickt Gudrun Wöhler vom Wollgeschäft Maschenfantasie die Kreuzung an der Emma-/Reginenstraße in Essen-Rüttenscheid. Die meisten Nachbarn und Passanten freuen sich darüber. Weil sich aber nun ein anonymer Anwohner beschwerte, soll sie ihr buntes Wolltor abbauen. Die 60-Jährige versteht die Welt nicht mehr.
Die ein oder andere Träne konnte sich Gudrun Wöhler, Inhaberin des Wollfachgeschäfts Maschenfantasie, nicht verkneifen, als sie sich am Freitag von ihrem bunten Fußballtor trennen musste. Ein unbekannter Anwohner hatte sich wegen des Strickkunstwerks, sogenanntem „Urban Knitting“, beschwert. Das Ordnungsamt schickte eine Verwarnung mit der Auflage, das Tor wegen der fehlenden Sondernutzungserlaubnis zu entfernen – und weil es den Verkehr behindere.
War das Tor während der Weltmeisterschaft noch schwarz-rot-gold geschmückt, hatte Gudrun Wöhler danach die Idee, es bunt umzudekorieren. Eine Woche lang fertigte sie mit Unterstützung insgesamt 220 Woll-Pompons an, die sie ins Netz hängte. „Ich verstehe die Welt nicht mehr. Wir wollten unsere Ecke hier doch nur ein bisschen schöner machen. So viele Nachbarn haben sich gefreut und Bilder davon ins Internet gestellt“, sagt die 69-Jährige.
Neue Ideen im Hinterkopf
Das Argument, das Tor behindere die Sicht im Verkehr, lässt sie nicht gelten. „Wegen der Hecke an der kreuzenden Reginenstraße müssen die Autofahrer ohnehin bis nach ganz vorn fahren, um den von rechts kommenden Verkehr zu sehen“, sagt sie. Als sie sich gestern mit Schere und Müllbeutel an die Arbeit machte, blieben viele Nachbarn verwundert stehen: „Das ist wirklich traurig, das sieht doch klasse aus“, sagte einer.
Seit Gudrun Wöhler 2007 ihr Geschäft eröffnete, verschönerte sie mit ihren bunten Kunstwerken immer wieder die Straßenkreuzung, erfuhr bislang nur positives Feedback. Etwa, wenn sie den grauen Straßenpollern ein buntes Strickkleid überzog. Entmutigen lassen will sie sich aber nicht: „Wir haben noch einige schöne Ideen im Hinterkopf. Und den meisten Nachbarn gefällt es ja auch. Schade ist immer, dass einer allein so viel kaputt machen kann.“