Essen. . Die Zahl der betrogenen Senioren in Essen und Mülheim ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen, um etwa 15 Prozent, schätzt die Polizei. Selbst vor der Altentagesstätte an der Isenbergstraße machte eine Täterin am Wochenende nicht Halt. Die Maschen werden dabei immer raffinierter.

Das Jahr ist gerade vier Tage alt, da ist es wieder passiert: Am Samstagvormittag klingelt es an der Haustür, eine 93-Jährige öffnet und lässt die ihr unbekannte, korpulente Frau gutgläubig hinein. Wenig später stellt die Seniorin gemeinsam mit ihrer Tochter fest, dass die Schmuckschatulle aus dem Wohnzimmerschrank fehlt. Die ominöse Frau, die zwischen 50 und 60 Jahre alt sein soll, ist zu diesem Zeitpunkt längst über alle Berge.

Der Umstand, dass ihr Opfer in der Altentagesstätte der evangelischen Kirchengemeinde an der Isenbergstraße, also eigentlich in einer geschützten Gemeinschaft, lebt, hat die Täterin offenbar nicht abgeschreckt. „Wir hatten das schon einmal, da hat es ein Täter telefonisch bei einer unserer Bewohnerinnen mit dem Enkeltrick versucht. Die Dame damals fiel darauf nicht herein und schaltete die Polizei ein“, sagt Carla Zessin, Leiterin der Altentagesstätte.

Rät zum Misstrauen, vor allem vor der eigenen Haustür: Jürgen Probst vom Kommissariat Kriminalprävention und Opferschutz.
Rät zum Misstrauen, vor allem vor der eigenen Haustür: Jürgen Probst vom Kommissariat Kriminalprävention und Opferschutz. © WAZ FotoPool

Immer dreister, immer einfallsreicher und leider auch immer erfolgreicher: Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl der Trickbetrügereien und -diebstähle, denen ältere Menschen zum Opfer fielen, nochmals um gut 15 Prozent gestiegen. Schon im Jahr 2012 hatte das zuständige Kommissariat mit 380 Fällen einen Anstieg von gut einem Drittel im Bereich Essen/Mülheim verzeichnet, so Polizeisprecherin Tanja Hagelüken.

Gutgläubigkeit und falsche Hilfsbereitschaft sind fatal

Wie breit das Spektrum der Betrügereien ist, zeigt ein kurzer Blick auf das vergangene Jahr allein in Rüttenscheid. Die Fälle aus dem Archiv erzählen dabei allesamt die gleiche Geschichte von Gutgläubigkeit und falscher Hilfsbereitschaft. Da ist eine 89-jährige Dame aus der Ruthstraße im vergangenen Mai dankbar, als ihr eine junge Frau mit den Einkaufstüten helfen will – am Ende fehlen etliche Wertgegenstände aus ihrer Wohnung.

Da vermeldet die Polizei ebenfalls im Mai falsche Kripobeamte, die gleich mehrfach in Rüttenscheid zuschlagen und ihre betagten Opfer um Schmuck und Bargeld bringen. Oder die Geschichte einer 77-Jährigen, die im September ebenfalls auf einen Vorwand hereinfällt und zwei Betrügern Zutritt zu ihrer Wohnung an der Alexanderstraße gewährt. Kurze Zeit später ist das im Esszimmer deponierte Bargeld ebenso weg die zwei jungen und im ersten Moment freundlichen Frauen.

Viele Senioren erstatten aus Scham keine Anzeige

„Die Zahl der Trickbetrügereien steigt, weil ihr Erfolg so groß ist. Und die Dunkelziffer der Opfer dürfte noch um einiges höher liegen, da sich viele aus Scham gar nicht trauen, Anzeige zu erstatten“, sagt Jürgen Probst vom Kommissariat Kriminalprävention und Opferschutz. Probst gibt gemeinsam mit seinen Kollegen Sicherheitskurse, will vor allem ältere Menschen sensibilisieren.

„Unser Ziel ist es, das Misstrauen zu fördern. Fremden Menschen etwa nicht einfach die Tür zu öffnen“, sagt Probst. Ein Angebot, das nun auch die Altentagesstätte in Anspruch nehmen möchte, wie Carla Zessin sagt: „Man muss die Vorsicht fördern. Wir werden uns in naher Zukunft mit der Polizei in Verbindung setzen, um einem Fall wie dem vergangenen künftig besser vorzubeugen.“