Essen-Rüttenscheid. War die Rüttenscheider Straße in früheren Zeiten karnevalistische Diaspora, kommt man heute kaum um den kalenderbestimmenden Frohsinn herum. Eine Übersicht über die närrischsten Orte für Neuentdecker, Traditionalisten, Kölsch-Liebhaber und Trash-Fans.

Wer denkt, die jecke Zone beginne erst hinter der Ruhrtalbrücke, der wird ab Weiberfastnacht rund um die Rüttenscheider Straße wieder eines besseren belehrt. Nirgendwo sonst in der Stadt geht es an diesem Tag bunter, lauter, schriller und kostümierter zu. Dabei betont Kneipen-Urgestein Hannes Schmitz, dass die Rü noch bis vor 20 Jahren „karnevalistische Diaspora“ war. Daran hat sich eine Menge geändert: Kaum eine Kneipe, aus der nicht das Trömmelsche klingt, wo sich Indianer, Piraten und Cowboys in den Armen liegen und der Alltag Pause macht.

Vor allem im Südviertel finden sich dabei auch einige „Inseln“, die gänzlich auf den aufdoktrinierten Frohsinn verzichten, etwa der Bahnhof Süd, die Goldbar und das DePrins. Wer dem jecken Wahnsinn entkommen will, ist dort bis einschließlich Rosenmontag gut aufgehoben.

Auf der Rü hingegen hat vor allem im „Bermuda-Dreieck“ zwischen Eigelstein, Gregors, Sylter Kliff und Früher oder Später die Damenwelt das Sagen. Dabei ist nicht nur jeder Jeck, sondern auch jede Party anders. Eine Übersicht über die größten Weiberfastnachtsfeten und besten Karnevalsorte in Rüttenscheid - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Für Traditionalisten: Der Karneval gehört zum „Brenner“ ebenso dazu wie bürgerliche Küche und ein frisch Gezapftes an „herkömmlichen“ Tagen. Für die Weiberfastnachtsparty bleibt in einer der ältesten Gaststätten Rüttenscheids kein Stein auf dem anderen, das komplette Interieur wird ausgeräumt - und dafür eine Theke in den Speiseraum eingebaut. Geöffnet ist ab 16 Uhr. Kenner wissen, dass Pünktlichkeit hier bei allem Frohsinn zu empfehlen ist; naturgemäß bekommt man in dem Lokal an der Hedwigstraße 37 nach kurzer Zeit schon kein Rad mehr an die Erde. Der Eintritt ist frei.

Für Ruhrpott-Originale: Sie ist das Stammlokal der Ritter des Frohsinns und des EDE (Essener Damenelferrat), hier wird der Prinz abgeholt und gewährt seinen „Untertanen“ gerne eine Audienz am Tresen: „Die Eule“ , ist so etwas wie die Keimzelle des Rüttenscheider Straßenkarnevals, entsprechend kann man sich bei Familie Fabritz schon seit Wochen in die fünfte Jahreszeit schunkeln. Von heute bis Rosenmontag wird die Kneipe an der Klarastraße 68 jedenfalls wieder fest in närrischer Hand sein. Ab 17 Uhr. Der Eintritt zu der Party ist frei.

Für „Völkerverständiger“: Ein Bützchen, das nach Guiness oder Single-Malt-Whiskey schmeckt? Klingt so gar nicht rheinisch, ist im Fitzpatrick’s Irish Pub aber auch zu Weiberfastnacht ein Erfolgsrezept. Das liegt vielleicht auch an DJ Olaf, der ab 18 Uhr ganz und gar unirische Karnevalsmusik auflegt. Außerdem steht nicht erst seit St. Patricksday und Halloween fest, dass die Frohnaturen von der grünen Insel verkleidete Feierei in Perfektion beherrschen. Der Eintritt kostet vier Euro.

Für kölsche Mädche un Junge

Warum die Eingeborenen in der Domstadt immer die letzten Buchstaben vergessen, darauf erhält man zur „Wieverfastelovend“ am ehesten im Eigelstein eine Antwort, wo von Donnerstag bis Montag der Geißbock los ist. Für die Verpflegung mit Höhnern, Räubern und Brings steht DJ Lars Edition hinterm Pult, darüber hinaus fließt das Kölsch in Strömen in jene schmale Gefäße, die der Kölner Gläser nennt. An der Rüttenscheider Straße 199 geht’s ab 13.30 Uhr los, der Eintritt kostet sechs Euro.

Neue Läden mischen mit 

Für Neuentdecker I: Bewies Christian Krause alias DJ Büffel im vergangenen Jahr schon auf der Weiberfastnachtsparty im Solid-Club, dass Karneval ihm einfach im Blut liegt, bittet er alle Jecken in diesem Jahr in seinem eigenen Laden zur Sause mit „kölsche Tön und Partyklassikern“, wie er sagt: Im „Früher oder Später“ an der Wittekindstraße 12 werden heute um Punkt 14.11 Uhr das erste Frühkölsch und Stauder angezapft. Um die Symbiose aus Rhein und Ruhr perfekt zu machen, gibt’s noch lecker Friko- und Mettbrötchen auf die Hand. Der Eintritt ist frei.

Für Neuentdecker II: Das „Sylter Kliff“ ist nicht neu, wohl aber seine Betreiber - darunter Nico Duys, ehemals Betriebsleiter im Eigelstein und waschechtes, kölsches Original, der sogar zu seiner liebsten Jahreszeit der Heimat fern und als närrischer Botschafter lieber im eigenen Laden bleibt. Gemeinsam mit Kollege Frank Schikfelder öffnet er heute unter dem Motto „Pott trifft Kölle“ um Punkt 11.11 Uhr die Türen an der Rüttenscheider Straße 134, wer verkleidet kommt, steigert seine Chancen auf Einlass. Der Eintritt ist frei.

Für Trash-Liebhaber: Wo sonst asiatische Küche auf der Karte steht, werden heute Stäbchen gegen Scheren getauscht - im Gregors, Rüttenscheider Straße 154, soll heute keine Krawatte ganz bleiben. Den passenden Soundtrack zur Weibersause mit liefert Chris Lignin, der Achtziger- und Neunziger-Trash im Gepäck hat. Beginn ist ab 18 Uhr, statt Eintritt wird ein Mindestverzehr von fünf Euro berechnet.

Für Improvisateure: Zu einer ungewöhnlichen Weiberfastnachtsfete lädt Hannes Schmitz ein: Für die närrische Damenwelt eröffnet er heute ab 17 Uhr sogar das noch in der Renovierung befindliche „Schmitz, was sonst“, Rüttenscheider Straße 143, für eine Baustellenparty. Ab 19 Uhr öffnet auch die Ego-Bar.

Maskerade für Karneval im Aalto

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