Essen. Sozusagen in letzter Minute rettete Evelyn Danielcik (19) die Traditionskneipe „Domino“ in Holsterhausen vor dem Aus - indem sie das Lokal kurzerhand übernahm. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Familie.

Manchmal kommt Rettung eben in letzter Minute - wie jetzt für die Holsterhauser Traditionskneipe „Domino“. Wirt Peter Walbaum zog sich von Zapfhahn und Theke zurück, das Ende des „Domino“ schien nach 32 Jahren besiegelt. Das gesamte Inventar raus, Schreib- statt Kneipentische rein - der Hauseigentümer plante den Umbau der Räume an der Carmerstraße 29 in Büros, die Stammgäste hatten sich schon auf das letzte Bier eingestellt. Dann kam die Rettung, und zwar in Person von Evelyn Danielcik.

Die 19-Jährige hatte wenige Tage, bevor das „Domino“ Ende März endgültig seine Pforten schließen sollte, eine Idee. „Sollen wir den Laden nicht einfach übernehmen?“, schlug sie Vater Reimund Danielcik vor. Der gelernte Konditor, der 20 Jahre in Spanien gelebt hatte und nach der Rückkehr das „Café au lait“ an der Holsterhauser Straße übernahm, war sofort begeistert. „Ich bin im Stadtteil aufgewachsen, war schon mit 14 im ,Domino’“, erinnert er sich.

Die Kneipe befand sich damals an der Ecke Holsterhauser/Ladenspelderstraße. Vor drei Jahren zog das Lokal an die Carmerstraße um, blieb aber Treff für Guinness-Fans, Billard-, Dart- und Flipperfreunde, sowie Liebhaber der guten alten Rock- und Bluesmusik. Die Stammgäste hielten dem „Domino“ die Treue.

Kneipe der Jugend gerettet

Der Vorschlag von Evelyn Danielcik kam für die Familie überraschend. „Meine Frau und ich haben kurz überlegt und dann beschlossen, Evelyn zu unterstützen, wenn die Konzession auf ihren Namen läuft, sie den Laden betreibt und die Verantwortung übernimmt“, sagt Reimund Danielcik nach außen hin ganz nüchtern, aber tief im Herzen doch sehr zufrieden, dazu beigetragen zu haben, die Kneipe seiner Jugend zu retten.

Irgendwie ist der 46-Jährige wieder zu Hause angekommen. Damals, als junger Mann, lockte ihn das gute Wetter im Süden. Er wagte den Neuanfang in der Nähe von Alicante. Dort lernte er seine Frau Josefina kennen, deren Familie drei Restaurants betrieb, dort bekam er zwei Kinder. Irgendwann verlor das spanische Urlaubsparadies seinen Reiz. „Viel zu heiß“, stöhnt Danielcik, der in Spanien unter anderem als Surf- und Tauchlehrer arbeitete.

Die Familie kam zurück nach Essen. Nach beruflichen Ausflügen in den kaufmännischen Bereich, in die Werbe- und IT-Branche, nach etlichen Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen, musste Reimund Danielcik erkennen: „Es ist trotzdem nicht leicht, einen Job zu bekommen.“ Umso mehr freut sich der Holsterhauser, jetzt wieder in der Gastronomie tätig zu sein - dank seiner Tochter, die spontan den Schritt wagte und das „Domino“ tatsächlich übernahm.

Für die Stammgäste ändert sich nichts

So ganz will sich Evelyn Danielcik aber nicht auf das Standbein „Kneipe“ verlassen und arbeitet deshalb tagsüber wie ihre Mutter im Krankenhaus. Doch wenn das „Domino“ um 19 Uhr die Türen öffnet, ist Evelyn Danielcik da.

Für die Stammgäste bleibt weitgehend alles beim Alten. „Wir wollen den Charakter als Szene-Kneipe erhalten“, sagt die Neu-Gastronomin. Geplant ist auch Live-Musik - Rock und Blues, wie in alten „Domino“-Zeiten eben. Rund 70 Gäste finden in den gemütlichen Gasträumen Platz, die man auch für Veranstaltungen mieten kann. An den Wänden und in den Ecken entdeckt man so manches originelle Accessoire, was für viele den Charme der Szene-Kneipe ausmacht. Es gibt Dart-, Billard- und Flipperturniere, aber keinen Fernseher. „Das ,Domino’ soll ein Treffpunkt zur Entspannung und Unterhaltung sein“, sagt die Chefin.