Essen-Stadtwald. Im grünen Klassenzimmer erleben Essener Schülerinnen und Schüler Biologieunterricht der besonderen Art. Worauf die Kursleiter Wert legen.

Das grüne Klassenzimmer im Schellenberger Wald in Essen-Stadtwald unterscheidet sich von herkömmlichen Klassenräumen: Es befindet sich direkt im Wald. Schülerinnen und Schüler haben dort die Möglichkeit, selbst zu Forschern zu werden. Es handelt sich dabei um ein Angebot der Schule Natur, die zum Grugapark gehört.

Seit rund 20 Jahren gehen Kursleiter der Schule Natur mit Schulklassen in den Wald, um den Biologieunterricht praxisnah zu ergänzen. „Es ist wichtig, Begeisterung zu vermitteln“, betont Bernhard Demel, Umweltwissenschaftler und einer der Kursleiter der Schule Natur.

Praxisnaher Unterricht in der Schule Natur in Essen soll Kinder begeistern

Das grüne Klassenzimmer befindet sich in der Nähe der Heisinger Straße in Stadtwald. „Das ist eigentlich nur eine Schutzhütte“, sagt Demel. Der Unterricht findet direkt im umliegenden Wald statt. „Wir wollen mit den Dingen hier in der Natur arbeiten“, erklärt Martin Gülpen, Forstwirt und fachlicher Leiter der Schule Natur.

Der Unterricht unterscheidet sich bewusst von dem in der Schule. „Wohnortnahe Naturerfahrungen sind wichtig, weil das die Chance erhöht, dass die Teilnehmenden wieder dorthin gehen“, betont Gülpen. Oft gebe es Schüler, die noch nie zuvor in einem Wald waren.

Kinder werden zu Forschern und können im Wald viel entdecken

Martin Gülpen hat beobachtet, dass viele Kinder interessierter seien als vor dem praxisorientierten Unterricht. „Wir möchten die Schülerinnen und Schüler nicht nur während der Veranstaltung motivieren, sondern auch für die Zeit danach“, erklärt der Forstwirt. Die Schüler können im Wald alles eigenständig entdecken und anfassen. So könnten einerseits Berührungsängste abgebaut und andererseits könnte die Wahrnehmung der Artenvielfalt im Wald geschult werden.

In Essen-Stadtwald gibt es nicht nur viele Tiere zu entdecken, sondern auch verschiedene Kräuter, wie zum Beispiel die Knoblauchrauke.
In Essen-Stadtwald gibt es nicht nur viele Tiere zu entdecken, sondern auch verschiedene Kräuter, wie zum Beispiel die Knoblauchrauke. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Schülerinnen und Schüler würden so selbst zu Forschenden, könnten in wenigen Schritten das gesamte Ökosystem entdecken. „Auch anhand eines halb vermoderten Stammstücks kann man unheimlich viel erklären“, erklärt Martin Gülpen. Zu Beginn des Kurses erhalten die Kinder vom Kursleiter eine Becherlupe und den Auftrag, Tiere damit zu fangen. Mit Hilfe von Bestimmungstafeln sollen die Mädchen und Jungen dann die Tiere zuordnen.

Lehrer können gemeinsam mit ihren Schülern den Wald entdecken

Es sei etwas anderes, wenn ein Fachmann etwas erkläre und die Schüler dann selbst Entdeckungen machen könnten, statt nur dem Lehrer in der Schule zuzuhören, sind sich die beiden Fachleute einig. Das Angebot sei eine Ergänzung zum theoretischen Unterricht in der Schule. Die Kinder arbeiten in Gruppen und besprechen anschließend die Entdeckungen gemeinsam. Auch Lehrer seien eingeladen, aktiv teilzunehmen und gemeinsam mit ihren Schülern zu forschen.

Kurse finden an unterschiedlichen Orten statt

Das grüne Klassenzimmer ist über die Heisinger Straße erreichbar. Die Haltestelle Schöne Aussicht der Buslinie 145 befindet sich in der Nähe. Von dort sind es weniger als zehn Minuten Fußweg bis zu der Schutzhütte.

Aber nicht nur in Stadtwald werden Kurse der Schule Natur angeboten. Demel berichtet, dass sie auch schon in Kettwig, Karnap und Überruhr abgehalten werden. Die überwiegende Anzahl der Kurse finde im Grugapark statt. Der Standort richte sich nach dem Wunsch der Lehrkraft, der Kurs könne auch nahe der Schule oder des Kindergartens durchgeführt werden.

Nicht nur für Schulen nutzen das Angebot. Auch Kindergartengruppen seien im grünen Klassenzimmer willkommen. Es sei wichtig, die Kinder schon im jungen Alter mit den Inhalten zu erreichen, da sie dann weniger voreingenommen seien, erklärt Demel. Beim Kursbeginn ekeln sich die Kinder oft vor den (kleinen) Tieren im Wald. Nach kurzer Zeit werde aber das Interesse geweckt. „Da überwiegt oft die Neugier“, berichtet Gülpen. Die Gruppenarbeit wirke sich zudem auf das Klassenklima aus.

Die Corona-Pandemie führte zu erhöhter Nachfrage nach den Kursen

Die Unterrichtsinhalte werden dabei immer angepasst, erzählt Gülpen. Je nach Klassenstufe und Themenschwerpunkt in der Schule werden beispielsweise die Bodenarten, Tiere oder Baumarten in den Mittelpunkt gestellt. Die Inhalte des anderthalbstündigen Kurses werden im Vorfeld mit den Lehrkräften abgestimmt.

Besonders nach der Corona-Pandemie und dem Homeschooling haben die Kursleiter gemerkt, wie wichtig solche Angebote sind. „Da ist die Nachfrage noch mal stark angestiegen“, sagt Gülpen.