Essen-Rellinghausen. Ehrenamtliche kümmern sich in Rellinghausen damals wie heute um die Leseförderung. Wegen Corona ist die KöB in St. Lambertus derzeit geschossen.

Ihr 175-jähriges Bestehen feiert die Katholische öffentliche Bücherei (KöB) St. Lambertus in diesem Jahr. Damit sei sie neben der Bücherei in Werden die älteste Einrichtung ihrer Art in Essen, sagt die ehrenamtliche Leiterin Christiane Kronfeld (46). Coronabedingt müsse man auf eine größere Feier zum Jubiläum verzichten. Ein Rückblick lohnt sich trotzdem.

Die Rellinghauser waren damals sehr schnell: Schon vier Wochen nach der Gründung des Karl-Borromäus-Vereins in Bonn, benannt nach einem italienischen Erzbischof und Heiligen, entstand bereits der Ableger in Rellinghausen. Der Verein kümmerte sich damals um katholische Schriften und setzte sich für die Schulbildung, vor allem auch von Waisen, ein. „Leseförderung ist damals wie heute wichtiges Ziel des Vereins, nur die Bücher haben sich geändert“, so Christiane Kronfeld.

Die Bücherei ist an der Frankenstraße 154 zu finden, unweit der Kirche St. Lambertus.
Die Bücherei ist an der Frankenstraße 154 zu finden, unweit der Kirche St. Lambertus. © FFS | Katrin Böcker / FUNKE Foto Services

Dass in Rellinghausen so zügig ein Ableger des Borromäus-Vereins entstanden sei, habe man wohl auch dem Baron von Vittinghoff-Schell und seinem Rentmeister auf Schloss Schellenberg zu verdanken, hat Christiane Kronfeld in der gut erhaltenen Chronik nachgelesen. Lesestoff sei damals schwer zu beschaffen gewesen, es habe vor Ort weder eine Buchhandlung noch eine Stadtbücherei gegeben. Nur die Firma Krupp habe eine nicht-öffentliche Bücherei für ihre Mitarbeiter unterhalten.

Bücher zum Ausleihen für die ärmeren Leute

„Da war es schon eine große Errungenschaft, dass der Verein sich um die Vermittlung guter Schriften bemühte, die er den reicheren Leuten verkaufte“, so die Leiterin der KöB. Von dem Erlös seien dann Bücher für die ärmeren Leute zur Ausleihe angeschafft worden. Die Entstehung der Einrichtung hätten laut Chronik damals nicht nur Baron und Rentmeister, sondern auch Lehrer, Pfarrer und vier Vikare befürwortet, die das Leitungsteam des Vereins bildeten.

So ist die Bücherei St. Lambertus zu erreichen

Die Katholische öffentliche Bücherei St. Lambertus befindet sich an der Frankenstraße 154. Derzeit ist die Bücherei wegen Corona noch geschlossen. Leiterin Christiane Kronfeld hofft, dass die Einrichtung in den nächsten Tagen öffnen kann.

Die Mitarbeiterinnen sind zu erreichen unter 0201 84 37 99 90 oder per E-Mail unter

Wo genau sich die Ausleihstelle damals befunden habe, lasse sich der Chronik nicht entnehmen. „Wahrscheinlich irgendwo auf dem Stiftsgebiet“, vermutet Christiane Kronfeld. Heute befindet sich die KöB von St. Lambertus an der Frankenstraße 154. „Seit das Haus hier vor rund 80 Jahren gebaut wurde, ist die Bücherei hier ansässig.“ Der Aufbau des Leseangebots in Rellinghausen habe Schule gemacht und Gründungen in anderen Stadtteilen nach sich gezogen.

In der Chronik des Borromäus-Vereins Rellinghausen ist einiges über die Geschichte der Bücherei nachzulesen.
In der Chronik des Borromäus-Vereins Rellinghausen ist einiges über die Geschichte der Bücherei nachzulesen. © FFS | Katrin Böcker / FUNKE Foto Services

„Die Ausleihe war damals kostenlos, wie sie es auch heute noch ist.“ Zwischenzeitlich habe die Ausleihe Geld gekostet – das sei während der NS-Zeit gewesen und gehöre damit zu den dunklen Kapiteln der Geschichte.

Einrichtung verfügt über 3500 bis 3800 Medien

Die KöB St. Lambertus habe heute rund 250 Leser, darunter auch viele Familien, und verfüge über 3500 bis 3800 Medien, darunter Bücher, CDs, DVDs und Tonies. „Eine Besonderheit bei uns ist die große Abteilung für Großdruckbücher, die auch gern von den Senioren der benachbarten Wohnanlage genutzt wird“, sagt Christiane Kronfeld. Sie hat Bibliothekswesen studiert und die ehrenamtliche Leitung der KöB vor 13 Jahren übernommen. Seitdem sei sie mit Herzblut dabei – auch wenn das als Mutter von drei Kindern (16, 13 und 6 Jahre) manchmal zeitliche Probleme mit sich bringe.

Auch interessant

Dass sie monatlich 30 bis 40 Stunden für die Bücherei-Arbeit aufbringe, sei keine Seltenheit. So müsse sie sich nicht nur über Neuerscheinungen auf dem Laufenden halten, die elf Mitarbeiterinnen für Dienste einteilen und sich Gedanken über Neuanschaffungen machen. Auch frisch gelieferte Bücher müssten erst einmal eingebunden und mit Signaturen versehen werden, bevor sie in die Ausleihe kämen.

Vor Corona waren die Mitarbeiterinnen an drei Tagen für die Lesefreunde da

Derzeit ist wegen Corona noch geschlossen. „Wir haben aber ein Hygiene-Konzept vorgelegt, so dass es hoffentlich bald wieder losgehen kann, auch wenn das dann anders abläuft als bisher“, sagt die 46-Jährige, die hofft, wenigstens an zwei der sonst üblichen drei Ausleihtage pro Woche wieder Bücherfans begrüßen zu können. Die Pause seit dem Lockdown im März sei lang gewesen. „Ich werde oft gefragt, wann wir wieder öffnen. Dass man uns vermisst, ist ein schönes Zeichen.“

Auch interessant

Natürlich könne man auch Bücher ausleihen, wenn man nicht katholisch sei. „Es ist eine öffentliche Bücherei in kirchlicher Trägerschaft. Hier wird keiner nach dem Taufschein gefragt. Wir wollen ein Treffpunkt für den Stadtteil sein“, erklärt die Leiterin. Gelder für Neuanschaffungen, aber auch für Projekte mit Kindergarten- oder Schulkindern gebe es von der Pfarrei, vom Bistum und vom Land NRW.

Kooperation mit den Büchereien in den Nachbarstadtteilen

Mit den katholischen Büchereien in Bergerhausen, Stadtwald und Rüttenscheid kooperiere man und organisiere gemeinsame Projekte. Man habe sich zum Beispiel im Kulturhauptstadtjahr an der Veranstaltung „Kultur baut Brücken“ beteiligt. Daraus entstanden sei das jährlich Kulturwochenende im November im Stadtbezirk II.

Die Bücherei habe sie schon als Kind fasziniert, berichtet die Leiterin. Schon als Elfjährige sei sie durch eine Nachbarin damit in Kontakt gekommen. Heute ende die Begeisterung für die Bücherei häufig mit zehn, elf Jahren, beobachtet Christiane Kronfeld. „Dann suchen sich die Jugendlichen ihren Lesebedarf lieber in Schulbibliotheken.“

Auch interessant