Essen-Stadtwald. Jetzt lädt der Bund Deutscher Architekten zu einer Führung durch das Quartier ein, um den Stellenwert der Siedlung in den Fokus zu rücken.

Neue Runde im Streit um den drohenden Abriss in der Eyhof-Siedlung: Der Bund Deutscher Architekten (BDA) lädt zu einer öffentlichen Führung durch das Quartier ein, um der Bevölkerung den Stellenwert der Häuser deutlich zu machen. Am Sonntag in einer Woche ist es soweit.

Essener Kunsthistorikerin will Abriss unbedingt verhindern

Es war die Essener Kunsthistorikerin Hannah Feldhammer, die die Kontakte knüpfte. Sie findet markige Worte, wenn sie die Absicht der GE WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft kommentiert, eine ganze Reihe von Gebäuden dem Erdboden gleich zu machen. Sie spricht von „Frevel“ und sagt, die Pläne des Unternehmens seien ein absolutes Unding. Hier solle ein wichtiges Stück Stadtgeschichte unwiederbringlich vernichtet werden. Die Häuser hätten architektonisch wie kulturell eine große Bedeutung. Das allerdings sei vielen Leuten überhaupt nicht bewusst. Sie habe daher zu den ersten gehört, die nach Bekanntwerden der Pläne zu einer Initiative aufgerufen hätten, um den Abriss zu verhindern.

Blick auf die Häuserzeile in Stadtwald, deren historische Bedeutung Architekten herausstellen wollen.
Blick auf die Häuserzeile in Stadtwald, deren historische Bedeutung Architekten herausstellen wollen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

https://www.waz.de/staedte/essen/sued/experten-fordern-erhalt-von-historischer-essener-siedlung-id229340894.htmlFeldhammer wird gemeinsam mit dem BDA-Architekten Wolfgang Zimmer die Besucher durch die Siedlung führen. Der wiederum gibt sich moderater und hält sich auch ein wenig zurück, die Absichten der Genossenschaft zu bewerten. Schließlich müsse man schon auch die Bausubstanz einer genauen Prüfung unterziehen. Indes ist er hinsichtlich des Stellenwerts der Siedlung auf einer Linie mit Kunsthistorikerin Feldhammer. Die Bauten, so betont Zimmer hätten schon eine besondere Qualität, die vielfach auch unterschätzt werde. Es kämen Elemente zum Tragen, die man aus der Zeit des Bauhauses kenne, doch die zu Rede stehenden Häuser seien deutlich früher entstanden.

Siedlung hat eine rund 100-jährige Geschichte

Während der Führung wollen der Architekt und die Kunsthistorikerin an den Werdegang der Siedlung erinnern. Danach begann die Geschichte im Essener Süden vor rund 100 Jahren. Der Gemeinnützige Bauverein Essen-Stadtwald hatte den Architekten und Stadtplaner Josef Rings (1878–1957) mit der Konzeption einer neuen Siedlung beauftragt. In rund 300 Wohnungen sollte die Essener Mittelschicht ein neues Zuhause finden - in landschaftlich schöner Umgebung am Rande der Industriestadt. Das Wohnangebot umfasste Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser mit Wohnflächen von 60 bis 160 Quadratmetern. Schon 1925 habe Essens damaliger Planungsdezernent Hermann Ehlgötz das neue Quartier in einer Publikation als Muster von Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit gewürdigt, hineinkomponiert in eine prächtige, grüne Umgebung. Daran habe sich nichts geändert, so Architekt Zimmer: „Die besondere Qualität der Eyhof-Siedlung liegt im Städtebau und der ist, trotz aller Veränderungen der einzelnen Häuser, auch heute noch sehr gut ablesbar“.

Start zum Rundgang am Torhaus

Die Führung startet am 9. August um 11 Uhr am Torhaus der Eyhof-Siedlung in der Angerstraße. Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Die Ge-WO Osterfelder Wohnungsgenossenschaft hat angekündigt, die rund 100 Jahren alten Häuser an der Angerstraße 17 bis 29 abzureißen.

Zum Bestand des Unternehmens mit Sitz in Oberhausen gehören rund 4.500 Wohnungen in Oberhausen, Essen, Mülheim und Bottrop.

Zimmer und Feldhammer wollen ferner darauf hinweisen, dass die Häuser in Stadtwald, anders als die Margarethenhöhe, nicht unter Denkmalschutz stehen. Gleichwohl sei das historische und von den Bewohnern geschätzte Viertel als bauliches Ensemble stadtteilprägend. Es habe historische, städtebauliche und künstlerische Bedeutung und sei als bauliche Rarität erhaltenswert. Mit dieser Meinung stünden sie aber nicht allein, die Position würden zahlreiche Essener teilen. Mehr noch, so erklärt die Kunsthistorikerin Feldhammer, bestehe die Modernität der Siedlung in dem klaren Konzept der Baukörper und der markanten Gestaltung des öffentlichen Raumes durch das Erzeugen von Blickachsen und Symmetrien.

Arbeitskreis 2030 will Häuser erhalten und hat schon viele Unterstützer gefunden

Mitglieder des Arbeitskreises Essen 2030, die sich ebenfalls für den Fortbestand engagieren, sind auf der Suche nach Gleichgesinnten offensichtlich recht erfolgreich. Der zu dem Kreis zählende Johannes von Geymüller berichtet von einer Liste mit renommierten Unterstützern, die man inzwischen vorweisen könne.

Wenn nun am Sonntag, 9. August, die beiden Baukunst-Kenner durch die Siedlung führen, werden sie auf den Charakter der Siedlung eingehen und dabei auch Unterschiede zur Margarethenhöhe herausarbeiten. Genau darin liegt nach Ansicht von Experten auch das Außergewöhnliche der Stadtwald-Häuser.

Weitere Nachrichten aus Stadtwald finden Sie hier.