Essen-Bergerhausen. Bewegender Abschied in der Johanneskirche in Bergerhausen: Wolfgang Blöcker zieht nach 30 Jahren als Seelsorger von Essen nach Franken.
Bayerisch spricht er nicht fließend. Doch mit einem „Grüß Gott“ will Wolfgang Blöcker in seiner neuen Stelle in Memmelsdorf-Lichteneiche die Herzen der evangelischen Christen im Sturm erobern. Im Ruhrpott war er 30 Jahre im Dienst des Herrn unterwegs, nun verschlägt es ihn Mitte August nach Franken. Von dort stammt seine auch zweite Ehefrau, eine Sozialpädagogin, die in Nürnberg lebt. Zuvor gab es einen bewegenden Abschied in der Gemeinde Bergerhausen und vom zunächst ungeliebten Job an Elsa-Brandström-Realschule.
Nach über 15 Jahren Fernbeziehung - berufsbedingt ohne Wochenende - freut sich der 57-Jährige über die Nähe zu Susanne (53). Zusammenleben werden sie weiterhin nicht. Aber demnächst sitzen sie nicht mehr stundenlang im Auto oder Zug, sondern nur noch 40 Minuten, um sich zu sehen. „Vor zwei Jahren hat meine jüngste Tochter Abi gemacht, nun sind alle Kinder aus dem Haus“, erzählt der aus Bergerhausen scheidende Pfarrer.
Über elf Jahre in Bergerhausen gewirkt
Der offizielle Abschied hat schon stattgefunden. Über elf Jahre hat er die Gemeinde begleitet, im Team mit Pfarrerin Heidrun Viehweg und dem Presbyterium. Bei den Menschen vor Ort und im Kirchenkreis war er sehr gefragt und leistete unzählige Stunden engagierte Arbeit für die Geflüchteten im Übergangsheim Vinckestraße.
Im Herbst 2008 hatte der gebürtige Leverkusener die 75-Prozent-Stelle in der Johanneskirche an der Weserstraße angetreten. Seit 2011 unterrichtete er sechs Wochenstunden Religion an der Elsa-Brandström-Realschule. Am Anfang haderte er mit dem Lehrer-Job, der ihm aber schnell ans Herz wuchs. Nun wird er auch Kollegen und Schülern fehlen. Vielen der rund 3500 Protestanten in der Gemeinde war Pfarrer Blöcker mehr ein guter Freund als nur ein Seelsorger. Kein Oberfrommer, sondern einer, der im Leben steht und den Menschen immer auf Augenhöhe begegnet.
Immer ein offenes Ohr und viel Humor
Anderen Kulturen und fremden Religionen begegnete Blöcker im Essener Norden. 19 Jahre wirkte er in Katernberg-Beisen. 1989 startete er dort im Neuhof das Vikariat, wurde 1991 Hilfsprediger und ab 1993 Pfarrer. „Diese Zeit hat mich sehr geprägt!“ Der Stadtteil brachte besondere Aufgaben mit sich, vor allem „sozialdiakonische Arbeit“: Eine hohe Ausländerquote, Erwerbslosigkeit und Armut gehörten da zum Alltag. In den christlichen Kindergruppen saßen bis zu 50 Prozent Muslime.
Als der Pfarrer mit den drei Töchtern in den Essener Südosten wechselte und ins Pfarrhaus an der Weserstraße zog, freute er sich auf Neues. „Manche bleiben ein Leben lang auf einer Stelle“, sagt er. „Doch ein Wechsel tut immer gut und bringt andere Akzente.“ Die setzte der Geistliche auf jeden Fall in Bergerhausen, wie der bewegende Abschiedsgottesdienst gezeigt hat. Sein immer ein offenes Ohr und der Humor bleiben sicher in Erinnerung. Heidi Krampe, Vorsitzende des Presbyteriums, hofft auf ein Wiedersehen und „dass wir uns nicht ganz aus den Augen verlieren.“
Biergärten in der fränkischen Toscana
In Bayern sind Protestanten die klare Minderheit. Blöcker sieht der Herausforderung gelassen entgegen - auch sprachlichen Problemen. Mit denen muss er als „Saupreiß“ im Frankenland sicher rechnen. Auf die Biergärten freut er sich und übt mit Susanne schon fleißig das „Grüß Gott“. Für Sprachen hat das Paar ohnehin etwas übrig. „Wir lernen Tschechisch!“ So oft wie möglich wollen beide von der „fränkischen Toscana“ ins „Goldene Prag“. Dazwischen liegen dann gerade noch 350 Kilometer, bis zur Grenze sind es rund 100.
Wer Blöckers Nachfolge antritt, ist noch nicht entschieden. Erst Mitte September ist der in der evangelischen Kirche übliche Wahlvorgang bei Pfarrerwechseln abgeschlossen.