Essen-Bredeney. . Die Bildhauerin Anne Kampschulte sorgt sich um ihr Elternhaus in Bredeney. Die Villa Kampschule – heute auch Künstlertreff – muss saniert werden.

„Die Villa Kampschulte ist unser Schatz und gleichzeitig unser Problem“, sagt die Künstlerin Anne Kampschulte über ihr Elternhaus. Das denkmalgeschützte Anwesen in Bredeney hat sich einerseits zum Künstler-Treffpunkt entwickelt, andererseits ist es stark sanierungsbedürftig.

Mit einer musikalischen Lesung über die Dichterin Mascha Kaléko am Samstag, 22. September, im Rahmen der Kunstspur geht die Saison langsam zu Ende. „Wir hatten im Sommer fast jeden Monat eine Veranstaltung“, sagt Anne Kampschulte. „Je mehr Menschen das Gebäude kennen, umso eher findet sich vielleicht eine gute Lösung für das Haus.“ Das riesige Gebäude hat „eine wunderbare Architektur, ist großzügig, transparent und kommunikativ“.

Die Mutter hielt Gymnastik-Kurse in der Gartenhalle ab

In der Villa an der Graf-Bernadotte-Straße 15 wuchs Anne Kampschulte mit fünf Geschwistern auf. Die 60-Jährige hat selbst keine Kinder, sie lebt und arbeitet seit 1991 bei Almeria in Spanien. Derzeit ist sie alle zwei Wochen in Bredeney. „Meine 89-jährige Mutter, die noch hier lebt, und das Haus brauchen Zuwendung“, sagt die Bildhauerin, die nie den Bezug zu ihrer Heimat verloren hat.

In und vor der Villa Kampschulte stehen die Plastiken von Anne Kampschulte.
In und vor der Villa Kampschulte stehen die Plastiken von Anne Kampschulte. © Stefan Arend

Seit 2013 habe sie jeweils einmal im Jahr mit anderen Künstlern gemeinsam zu einer Ausstellung eingeladen. Jetzt gebe es häufiger Veranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen und Lesungen, die Villa sei inzwischen zur Begegnungsstätte von Künstlern und Kunstinteressierten geworden. „Ich hoffe, dass sich eines Tages eine Begegnung ergibt, die die Zukunft der Villa sichert“, sagt die Bildhauerin, die viel mit Marmor und Sandstein arbeitet.

„Im Grunde müsste sich jemand mit viel Geld in das Haus verlieben“, wünscht sie sich eine Perspektive für das prägnante Bauwerk. Ob man die Villa auf Dauer in Familienbesitz halten könne, sei ungewiss. Man müsse jetzt erst einmal den Ist-Zustand des Gebäudes ermitteln. Für Ausstellungen und andere Veranstaltungen sei die Villa gut geeignet. „Der private Bereich ist vom öffentlichen komplett getrennt, die Besucher können durch den Garten in die Ausstellungsräume gehen“, erklärt Anne Kampschulte. „Früher hat meine Mutter hier in der Gartenhalle, die heute der Ausstellungsraum ist, Gymnastik- und Pilates-Unterricht gegeben.“

Es gibt Lesungen, Konzerte und Ausstellungen

Die Veranstaltungen in der Villa hätten den Charakter von Hauskonzerten, für die man sich aufgrund des begrenzten Platzes anmelden müsse. Die Lesung am 22. September über die Dichterin Mascha Kaléko beginnt um 18 Uhr. Heike Zehe spielt auf der Flöte, Wolfgang Weber rezitiert die Werke von Mascha Kaléko und berichtet über ihre Lebensgeschichte. Weber ist der Mitbegründer des Essener Chores mit krebserkrankten Sängern, dessen Amsterdamer Schwesterchor am Samstag, 27. Oktober, ein Konzert in der Villa Kampschulte gibt.

Die Villa Kampschulte an der Graf-Bernadotte-Straße wurde ab 1926 im Art-déco-Stil errichtet und gehörte damals zu den luxuriösesten Gebäuden des Stadtteils. „1933 hat mein Großvater Hugo Rosendahl das Haus mitsamt der Einrichtung gekauft. Seitdem ist es Sitz der Familie“, sagt Anne Kampschulte. Der Vorbesitzer habe es offenbar aus finanziellen Gründen abgeben müssen. Der Großvater war Oberbürgermeister in Koblenz, habe dieses Amt aber aufgrund seiner kritischen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten aufgeben müssen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei er wegen seiner „weißen Weste“ von den Amerikanern zum Essener Oberbürgermeister ernannt worden.

Der Großvater war Essener Oberbürgermeister

„Großvater ist mit seiner großen Familie nach Essen gezogen, um hier als Rechtsanwalt zu arbeiten. Ich bin in der Villa aufgewachsen, meine Mutter und einer meiner Brüder leben hier noch immer“, erklärt die Künstlerin. Wie viele Zimmer das seit 1989 komplett unter Denkmalschutz stehende Gebäude insgesamt hat, kann Anne Kampschulte spontan nicht sagen. „So an die 40 werden es wohl sein. Jedenfalls sind es rund 540 Quadratmeter plus Keller“, sagt die 60-Jährige.

In dem Raum, in dem ihr Onkel früher als Arzt praktizierte, hat sich die Bildhauerin einen Ausstellungsraum eingerichtet. „Mein Vater war Bergwerksdirektor. Er hat hier nichts verändert. Jetzt ist das Gebäude extrem renovierungsbedürftig, auch weil es durch Bergschäden eine komplette Schieflage hat“, sagt Anne Kampschulte.

Anmeldung zur Lesung: Telefon: 0175 837 4663 oder Post@Wort-Weber.de