Essen-Bergerhausen. . 16 Jungtiere sind auf einem Privathof in Bergerhausen geboren worden, weitere werden erwartet. Schafzucht bedeutet Stress, aber auch viel Freude.

Dass die Ostertage wahrscheinlich unruhig statt erholsam werden, ist Marianne Sasse (68) und Dieter Ochel (72) durchaus klar. Im März/April kommen die Lämmer auf ihrem Hof zur Welt. Die meisten der 20 Schafe sind in den vergangenen drei Wochen schon Mutter geworden, zwei haben die Geburt noch vor sich. „Das werden wohl echte Osterlämmer“, sagt Marianne Sasse.

Seit 21 Jahren gibt es den Hof mitten im Bergerhauser Gewerbegebiet unweit der Ruhrallee. Etwas Federvieh, Hund Paul und eine kleine Schafherde mit zwei Böcken – das sind die tierischen Mitbewohner des Paares. „Ich brauche das als Ausgleich zum Job und zum Stressabbau“, erklärt Dieter Ochel, der schon die ein oder andere Nacht im Stall geschlafen hat, wenn die Geburt eines Lammes unmittelbar bevorstand.

16 Lämmer gibt es in diesem Jahr, meist kommen Zwillinge, manchmal sogar Vierlinge. „Die Schafe, die erst im letzten Jahr geboren wurden, haben wir nicht decken lassen, auch die nicht, die eine Lungen- oder Euterentzündung hatten“, sagt Marianne Sasse. Um die Herde zu verjüngen, behalte man jedes Jahr drei oder vier der Lämmer. Im Oktober dürfen die Böcke für vier Wochen zu den Schafen, dann sind in der Regel alle gedeckt.

Die Böcke werden auf Auktionen ersteigert

„Die Böcke, die frisches Blut in die Herde bringen, ersteigern wir auf Auktionen“, erklärt Dieter Ochel. An die 2500 Euro müsse man für ein gutes Zuchttier schon rechnen, das dann vier bis fünf Jahre auf dem Hof für Nachwuchs sorge. „Das gönnen wir uns. Dafür haben wir auch richtig hübsche Lämmer“, sagt Ochel stolz. Nach fünf Monaten Tragezeit kommen die Lämmer zur Welt und bleiben etwa ein halbes Jahr auf dem Hof – um dann zur Zucht oder zur Schlachtung für den Eigenbedarf und den Freundeskreis abgeholt zu werden. „An dem Tag, an dem die Tiere wegkommen, bin ich erstmal schlecht drauf. Aber es sind eben Nutztiere“, sagt Dieter Ochel.

Den Stress mit den Geburten nehmen er und seine Partnerin gern in Kauf. „Ich schaue jetzt fast stündlich nach den Tieren im Stall und auf der Weide“, sagt Marianne Sasse. Am späten Abend macht einer von beiden eine letzte Runde und hofft, dass alles in Ordnung ist. „Wenn ich dann laut das Wort Einsatz höre, weiß ich, dass es mit der Nachtruhe erstmal vorbei ist“, berichtet Marianne Sasse, die eine kaufmännische Ausbildung absolvierte und später in der Firma von Dieter Ochel arbeitete. Seit vier Jahren ist sie in Rente. „Mein Tag ist mit den Tieren und dem Hof komplett ausgefüllt“, kann sie sich über Langeweile nicht beklagen.

Als Kind hasste Marianne Sasse die Landwirtschaft

Marianne Sasse stammt aus Heidhausen – und wollte eigentlich ihr Leben ohne Tiere, Heu und Mist verbringen. „Mein Vater hatte eine Kuh und wir Kinder mussten oft helfen, dem Tier Futter oder Wasser geben. Das war nervig und ich hatte Angst vor Hunden, Katzen und angesichts der Masse erst recht vor der Kuh.“ Kaum erwachsen, habe sie geheiratet und sei froh gewesen, der Landwirtschaft entflohen zu sein. Dass die viele Jahre später ihr Leben prägen würde und sie damit durchaus glücklich ist, hätte sie sich damals nicht vorstellen können. Notfalls zieht Marianne Sasse die Lämmer auch per Flasche auf – wenn die Mutter sie nicht annimmt oder nicht genug Milch hat. In einem Jahr habe sie mal zwölf Flaschenkinder zu versorgen gehabt. „Der Herausforderung war ich kaum gewachsen. Alle kamen gleichzeitig auf mich zugelaufen und wollten trinken.“

Dieter Ochel selbst betätigt sich – wenn es sein muss – auch mal als Geburtshelfer. Und genau das erdet den Ingenieur und Firmenchef immer wieder. Unternehmer Dieter Ochel leitet vier Firmen, darunter AMR-Engineering in Bergerhausen, aktiv im Anlagenbau in der Chemie-, Pharmazie-, Kraftwerks- und Hüttenindustrie. Er stammt aus einer Beamtenfamilie und erfuhr spät, dass unter den Vorfahren auch ein Schäfer am Niederrhein und in die USA ausgewanderte Schafzüchter waren.