Essen-Haarzopf. . Der Vorsitzende des Bürgerbus-Vereins ist als einziger Essener zum Neujahrsempfang nach Berlin eingeladen. Er will dort Kontakte zu Ehrenamtlichen knüpfen.
Groß war die Überraschung kurz vor den Feiertagen bei Hans Zilles. Der Vorsitzende des Bürgerbus-Vereins Haarzopf/Margarethenhöhe/Rüttenscheid entdeckte zwischen der Weihnachtspost einen Brief mit besonderem Logo. „Macht das Bundespräsidialamt jetzt auch schon Marketing-Aktionen?“, fragte sich Zilles. Um so überraschter war er, als er den Brief öffnete. Der Inhalt: eine Einladung zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten am Freitag, 8. Januar, 10 Uhr, im Berliner Schloss Bellevue. Angefügt war ein zehnseitiger Anhang mit allen Modalitäten, von der Anreise über die Kleidung bis hin zu geeigneten Geschenken. Hans Zilles ist der einzige Essener unter den rund 70 geladenen Bürgern aus ganz Deutschland.
„Natürlich werde ich teilnehmen. Man muss mitnehmen, was das Leben einem bietet“, sagt Zilles, der die Veranstaltung nutzen will, um Kontakte zu anderen Ehrenamtlichen zu knüpfen. Er nehme die Einladung an, stellvertretend für die 36 Bürgerbusfahrer, davon sieben Frauen, und die anderen Helfer.
Bürgerbus-Verein initiiert
Der Rechtsanwalt (81) hatte vor zehn Jahren mit viel Engagement und langem Vorlauf den Bürgerbus-Verein initiiert und mitgegründet. Seitdem ergänzt der Bürgerbus das Angebot der Essener Verkehrs-AG und verkehrt täglich zwischen Haarzopf, der Margarethenhöhe und dem Alfried-Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid. Mit jährlich rund 20 000 Fahrgästen werde das Angebot von den Bürgern sehr gut angenommen, so Zilles. NRW sei übrigens in Bezug auf die Anzahl der Bürgerbus-Vereine mit 120 von deutschlandweit 250 führend.
Warum ausgerechnet er zum Neujahrsempfang in Berlin eingeladen ist, weiß Zilles nicht. „Wahrscheinlich gibt es eine Vorschlagsliste, ähnlich wie beim Bundesverdienstkreuz, aus der dann die Teilnehmer zusammengestellt werden“, sagt er. Wer genau ihn vorgeschlagen habe, wolle er auch gar nicht wissen. Der Rahmen beim Neujahrsempfang sei deutlich kleiner als beim sommerlichen Bürgerfest des Bundespräsidenten.
Einige wenige Sätze mit dem Bundespräsidenten
Das Defilee selbst, also das Vorbeischreiten an Joachim Gauck und seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt, dauert etwa zwei Stunden. Anschließend lädt der Bundespräsident zum Mittagessen. Am Abend zuvor werden Hans Zilles und die anderen Bürger zum Vorgespräch gebeten. Während des Defilees werden die Teilnehmer einzeln in alphabetischer Reihenfolge mit der Begründung für die Einladung aufgerufen und vom Bundespräsidenten begrüßt. „Dann können wir einige wenige Sätze mit dem Bundespräsidenten wechseln, wenn er nachfragt, auch mehr“, so Zilles.
Die Berlin-Fahrt will er mit privaten Aktivitäten verbinden. „Meine Frau fährt mit. Sie hat Cousinen in der Hauptstadt, die wir besuchen werden“, sagt Zilles. Die Begleitpersonen seien weder beim Defilee noch beim Mittagessen dabei. „Für sie gibt es eine Führung durch den Bundestag und ein Essen im Dachgartenrestaurant auf dem Reichstagsgebäude“, sagt der 81-Jährige.
Das umfangreiche Begleitschreiben zur Einladung mag manchem vielleicht übertrieben erscheinen. Der Haarzopfer Hans Zilles, der eigentlich aus einer Berg- und Stahlarbeiterfamilie stammt, hält es jedoch für durchaus sinnvoll: „Man hat ja keine Erfahrung mit solchen Veranstaltungen.“ Orientierung sei da hilfreich, und das nicht nur in Sachen Kleidung. „Die Damen tragen kurzes Kleid oder Kostüm, wir Männer schwarzen Anzug“, hat er nachgelesen.
Fotograf des Bundespresseamtes macht Bilder
Detailliert ist beschrieben, welches Bild sich den Teilnehmern im Saal des Schlosses bietet, was sich zu ihrer Linken beziehungsweise Rechten befindet. Dass der Moment der Begegnung mit Joachim Gauck bei der Veranstaltung für immer verloren geht, braucht niemand zu befürchten. „Ein Fotograf des Bundespresseamtes wird Bilder von uns machen“, sagt Zilles.
Komplizierter wird es beim Thema Geschenke. „Ich möchte dem Bundespräsidenten etwas mitbringen, was mit dem Bürgerbus zu tun hat, vielleicht einen Minibus oder einen Fahrplan“, macht sich der Haarzopfer schon jetzt Gedanken. „Der Fahrplan ist ja das Wichtigste am Bürgerbus.“ Sicher ist: Die Geschenke dürfen nicht verpackt sein und müssen zuvor von der Bundespolizei überprüft werden. Wichtig seien auch die Abmessungen des Präsents. Ein junger Baum, eingepflanzt in einen Kübel, ist laut Begleitschreiben nämlich nicht geeignet.
Hans Zilles jedenfalls freut sich als Berlin-Fan auf die Fahrt und will dort auch gern das Typische des Ruhrgebiets vorstellen. „Und Herrn Gauck habe ich ja schließlich auch noch nie getroffen.“