Essen-Rüttenscheid. . Die Ärzte aus dem Essener Süden wollen die Notfallpraxis am Rüttenscheider Krupp-Krankenhaus erhalten. Eine Unterschriftenaktion ist geplant.
Es ist ungewohnt ruhig an diesem Mittwochabend. „Schalke spielt“, sagt Dr. Ramin Farahani lächelnd, „die kommen gleich alle nach dem Abpfiff“. Bei seiner letzten Schicht am Freitag behandelte Farahani 50 Menschen. Die noch immer grassierende Grippewelle spült die schniefenden, hustenden, fiebrigen Patienten geradezu in sein Behandlungszimmer.
Seit Anfang des Jahres ist der 41-Jährige Obmann der Notfallpraxis am Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid, ist dort wie rund 100 andere Kollegen aus dem Essener Süden bereits seit zehn Jahren im wechselnden Notdienst tätig. Geht es nach den aktuellen Plänen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, könnte die Rüttenscheider Praxis ebenso wie die Dependance im Philippusstift in Borbeck bald vor dem Aus stehen (wir berichteten). „Eine Katastrophe“, nennt Farahani die Pläne und fürchtet wie viele seiner Kollegen um das Wohl der Patienten. „Allein im vergangenen Jahr haben wir hier in der Praxis 14.000 Patienten betreut. Und da sind die Menschen, die wir mit dem Fahrdienst besuchen, noch gar nicht mit eingerechnet“, führt Farahani aus.
Einzugsgebiet mit rund 160.000 Einwohnern
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Die ans Krupp-Krankenhaus angeschlossene Praxis decke von Heidhausen bis zur Innenstadt ein Einzugsgebiet mit rund 160.000 Einwohnern ab. Vom Zeckenbiss über akute Grippebeschwerden bis hin zur schweren Migräne – die Fälle, die Farahani und seine Kollegen behandeln, sind vielfältig. Viele Leiden könnten eben nicht bis zum nächsten Morgen warten, weiß Farahani: „Und all diese Menschen sollen künftig bis nach Altenessen oder Steele in die einzig verbleibenden Notpraxen fahren? Das kann ich mir kaum vorstellen.“
Der niedergelassene Arzt für Ernährungsmedizin, der mit seiner Praxis am Rüttenscheider Stern sitzt, ist fest davon überzeugt, dass die Patienten weiterhin ins Rüttenscheider Krupp-Krankenhaus kommen – und dort die ohnehin überlastete Notaufnahme weit über ihre Kapazitätsgrenze bringen.
Viele Patienten sind nicht mobil
„Gewachsene Strukturen wie diese kann man nicht einfach rückgängig machen – zumal viele unserer Patienten nicht mobil sind und für sie allein die Taxifahrt hierher oft eine große Anstrengung bedeutet“, weiß Farahani.
So erzählt er von einem 90-Jährigen, der mit akuter Luftnot zu ihm kam. Farahani diagnostizierte wenig später einen Herzinfarkt, stellte den Senioren direkt an die Notaufnahme und schließlich in die Kardiologie über. Der direkte Anschluss an die Herzspezialisten und die Neurologie sei ein weiterer Vorteil, der schon so manchem Patienten das Leben gerettet habe – mit weiten Wegen bis in den Essener Norden oder Osten sei also keinem gedient.
Was Farahani darüber hinaus ärgert, ist die dürftige Informationspolitik seitens der KV. Viele Patienten seien durch die Berichterstattung verunsichert, fürchteten um den Fortbestand ihrer jeweils ortsnahen Praxen. Farahani: „Wenn wir gefragt werden, wie und ob es hier weitergeht, können wir nur mit den Schultern zucken“, sagt Farahani. Mit Unterschriftenlisten, die demnächst ausgelegt und im Stadtteil verteilt werden, wolle man früh ein Zeichen für den Erhalt setzen – ehe KV, Ärztekammer und Gesundheitsministerin Barbara Steffens über die Zukunft der Notfallpraxen entscheiden.