Essen. . Beim Stadtteil-Check haben wir nach dem Nahverkehr gefragt. Sechs Essener berichten über ihre Ruhrbahn-Erfahrungen. Urteile sind differenziert.

Wie bewerten Sie den Nahverkehr in Ihrem Stadtteil? Das haben wir bei unserem Stadtteil-Check gefragt. Dabei ist die Durchschnittsnote aller Stadtteile erstaunlich gut ausgefallen: Eine 2,22. Was läuft gut bei der Ruhrbahn – und was nicht? Das wollten wir von sechs Essenern wissen und haben sie bei ihren täglichen Fahrten mit Bus, Bahn und Zug begleitet.

Marcel Döpke (35) aus Dellwig: Ärger über alte Straßenbahnen

Marcel Döpke an der Haltestelle „Reuenberg“ in Dellwig. 
Marcel Döpke an der Haltestelle „Reuenberg“ in Dellwig.  © Sara Schurmann

Mehrere Stunden ist Marcel Döpke täglich mit der Ruhrbahn unterwegs. Von Dellwig fährt der 35-Jährige mit Straßenbahn, U-Bahn und Bus zur Arbeit bei O2 gegenüber der Karstadt-Zentrale.

Sein Stadtteil sei gut an den ÖPNV angebunden, auch wenn ­direkt neben seine Heimathaltestelle „Reuenberg“ gerade eine Baustelle ist und der Bürgersteig dadurch sehr eingeengt wird. „Ich hätte ja die Haltestelle verlegt“, kommentiert Döpke.

Mit der 103 geht es aus seinem Stadtteil in Richtung Süden. „Auf dieser Linie werden häufig die alten Straßenbahnen eingesetzt“, ärgert sich Döpke. Senioren oder Eltern mit Kinderwagen kommen die Stufen nur schlecht hoch. Allein fünf ­alte Bahnen kommen uns an diesem Morgen auf dem Weg bis Berliner Platz entgegen.

Ein weiterer Kritikpunkt: „Die Kundenkommunikation gefällt mir nicht“, erklärt er. So wünscht er sich beispielsweise Durchsagen, wenn die U-Bahn oder Straßenbahn einfach stehen bleibt und es nicht weiter geht.

„Verspätungen kommen jeden Tag vor, manchmal bis zu einer halben Stunde“, sagt Döpke. Jedoch sei die Ruhrbahn nicht immer an den Verspätungen selbst Schuld.

Kathy Mayk (44) aus Huttrop: „Ich renne nicht“

Kathy Mayk (44) an der Haltestelle „Wörthstraße“.
Kathy Mayk (44) an der Haltestelle „Wörthstraße“. © Vladimir Wegener

Seit fast zehn Jahren wohnt Kathy Mayk (44) in Essen. Täglich pendelt die gebürtige US-Amerikanerin zum Düsseldorfer Flughafen – meist erst mit der Straßenbahn, dann mit dem Bus und dem Zug. Insgesamt sei sie mit der Ruhrbahn zufrieden. „Ich habe zum Glück flexible Arbeitszeiten, darum muss ich auch nicht hinter der Bahn oder dem Bus herrennen“, erzählt die Angestellte einer Fluggesellschaft. So ärgere sie sich weniger, wenn es Verspätungen gebe. „Wenn ich feste Arbeitszeiten hätte, wäre es wahrscheinlich stressiger.“

In die Straßenbahn steigt Mayk an diesem Morgen an der Haltestelle Wörthstraße. „Hier wünsche ich mir elektrische Anzeigetafeln“, sagt sie. Alles könnte etwas moderner aussehen. Die gute Nachricht: Die Haltestelle soll ab Ende 2019 umgebaut werden.

Wirklich ärgerlich sei allerdings das Verhalten mancher Fahrgäste. Denn für den Müll an Haltestellen oder in Fahrzeugen könne die Ruhrbahn nichts, den Abfall verursachen die Fahrgäste. „Einmal hat jemand Kaffee auf einem Sitz ausgekippt und ich habe es nicht gemerkt und mich reingesetzt“, so Mayk.

Nazali Yüce (25): „Das größte Problem sind die Verspätungen“

Nazali Yüce an der Haltestelle „Holsterhauser Platz“.
Nazali Yüce an der Haltestelle „Holsterhauser Platz“. © Vladimir Wegener

„Ich würde der Ruhrbahn die Note befriedigend bis ausreichend geben“, sagt Nazali Yüce. Die 25-Jährige fährt mehrmals wöchentlich ab Holsterhauser Platz zu ihrem Werksstudenten-Job nach Bredeney. Los geht es mit der Straßenbahn, auf der Margarethenhöhe wechselt sie in den Bus. Normalerweise sei sie 22 Minuten unterwegs, „aber jedes zweite Mal brauche ich wegen Verspätungen 45 Minuten“.

„Verspätungen sind das größte Problem“, meint Yüce. „Manchmal wartet man 20 Minuten und weiß nicht, was los ist“, kritisiert sie. Sie wünscht sich in solchen Situationen mehr Informationen von der Ruhrbahn.

Die ÖPNV-Auswahl in Holsterhausen ist groß, Straßenbahnen, Busse, U-Bahnen – der Stadtteil ist gut angeschlossen. Aber: „Ich bin oft nachts unterwegs und ich finde, dass Busse und Bahnen dann viel zu selten fahren.“ Sie stehe ungern nachts alleine an Haltestellen, „dann nehme ich lieber ein Taxi“.

Deniz Hoppe (28): „Wenn es schlecht läuft, ist das Gemecker groß“

Deniz Hoppe (28) an der Haltestelle „Rüttenscheider Stern“.
Deniz Hoppe (28) an der Haltestelle „Rüttenscheider Stern“. © Socrates Tassos

Deniz Hoppe fährt täglich mit der Bahn zur Arbeit – morgens geht es meist mit der 106 nach Rüttenscheid, nachmittags mit der 101 zurück nach Frohnhausen. Sein Stadtteil sei super angebunden. „Insgesamt bin ich durchaus zufrieden“, sagt Hoppe, während er auf dem Heimweg an der Haltestelle Rüttenscheider Stern wartet: „Ich würde der Ruhrbahn die Note gut geben.“

Der 28-Jährige, der gerade sein BWL-Masterstudium absolviert hat und nun in Rüttenscheid arbeitet, ist am Wochenende als Fußball-Schiedsrichter viel in Essen unterwegs: „Ich komme mit der Ruhrbahn in jeden Stadtteil.“ Mit der Ruhrbahn sei es so ein wenig wie mit einem Schiedsrichter: „Wenn es gut läuft, fällt er nicht auf. Wenn es schlecht läuft, ist das Gemecker groß.“

Was würde er verbessern? „Ich würde gerade in den Stoßzeiten mehr Waggons einsetzen.“ Und der Müll in den Fahrzeugen ist natürlich auch ein Thema: „Man sieht immer wieder Dreck in den Bahnen, aber das liegt an den Kunden“, sagt Hoppe. Aber: „In so einer großen Stadt mit so vielen Leuten kann nicht immer alles glatt laufen.

Vanessa Zschommler (19): In Freisenbruch auf die Ruhrbahn angewiesen

Vanessa Zschommler an der Haltestelle „Zweibachegge“  in Freisenbruch.
Vanessa Zschommler an der Haltestelle „Zweibachegge“ in Freisenbruch. © Christof Köpsel

Vanessa Zschommler (19) macht eine Ausbildung zur Tierarzthelferin und fährt dafür täglich von Freisenbruch nach Altendorf. Die Ruhrbahn erhält von ihr die Schulnote „ausreichend“. Sie stört vor allem die Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit.

Wer in Freisenbruch kein Auto habe, sei auf die Ruhrbahn angewiesen. Denn Einkaufsmöglichkeiten gibt es kaum im Stadtteil. Daher sei es wichtig, dass die Ruhrbahn zuverlässig fahre. In ihrem Stadtteil seien zudem viele Haltestellen zugemüllt. An der Haltestelle „Luttrop“ gebe es seit Monaten keinen Aschenbecher mehr.

45 Minuten ist die 19-Jährige pro Fahrt unterwegs – erst mit dem Bus, dann mit der S-Bahn und schließlich noch mit der Straßenbahn. Gerade morgens im Berufs- und Schülerverkehr seien die Fahrzeuge unpünktlich. Teilweise seien die Busse in Freisenbruch so voll, dass sie Haltestellen nicht mehr anfahren.

„Ich möchte gerne im Laufe des Jahres meinen Führerschein machen. Mit einem Auto ist man unabhängiger und ärgert sich nicht mehr über Bus und Bahn.“

Leonie Pawlak (27): Ruhrbahn schneidet besser ab als Deutsche Bahn

Leonie Pawlak
Leonie Pawlak © Vladimir Wegener

Leonie Pawlak pendelt täglich mit der Ruhrbahn und der S-Bahn zwischen Rüttenscheid und Borbeck. Der Ruhrbahn gibt sie die Note gut, die Deutsche Bahn bekommt bei ihr hingegen nur ein Ausreichend. „Bei der Ruhrbahn gibt es seltener Verspätungen“, sagt die 27-Jährige. „Ich bin seit der fünften Klasse mit Bus und Bahn unterwegs, mittlerweile rege ich mich nicht mehr über Verspätungen und fehlende Infos darüber auf.“

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Positiv sei, dass ihr Stadtteil so gut an den Öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sei, erklärt die Ergotherapeutin. „Ich habe hier jede Menge Auswahl.“ Nur abends und am Wochenende wünscht sie sich einen dichteren Takt. Der Zustand der Haltestellen lasse hingegen zu wünschen übrig: „Die könnten schöner sein.“

Ihr Fazit: „Eigentlich bin ich recht zufrieden. Ich fahre lieber Bahn als Auto. Stau und andere Autofahrer bringen mich mehr aus der Ruhe als Verspätungen bei der Bahn.“

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