Schüler ab Klasse fünf müssen ab nächster Woche auch im Unterricht eine Maske tragen. Was Essener Schulleiter davon halten.

Essener Schulleiter sehen die Maskenpflicht skeptisch, die ab nächster Woche an den weiterführenden Schulen für alle Kinder und Jugendlichen gelten soll. Schüler ab der fünften Klasse sollen zunächst bis Ende August täglich einen Mund-Nasen-Schutz auch während des Unterrichts tragen.

„Die Maßnahmen sind sicher notwendig, doch ob sie umsetzbar sind, ist eine offene Frage“, sagt Berthold Urch, Leiter des Alfred-Krupp-Gymnasiums in Frohnhausen. Auch viele Details seien etwa eine Woche vor dem Start des neuen Schuljahres nicht gelöst. „Der Sport-Unterricht soll draußen stattfinden“, sagt Urch. „Das ist sicher sinnvoll, aber allein unsere Schule hat zum Beispiel keine Außenanlagen für Freiluft-Unterricht.“

Während Schüler ab Klasse fünf den ganzen Schultag lang Masken tragen sollen, können Lehrer auf einen Mund-Nasen-Schutz verzichten, so lange sie zu den Schülern im Klassenraum mindestens anderthalb Meter Abstand halten. „Das ist utopisch“, kritisiert Urch. „Die Vorstellung, dass Lehrer ausschließlich vorne an der Tafel stehen und referieren, hat mit richtigem Unterricht nichts zu tun.“ Stattdessen gingen Lehrer auch durch die Reihen, schauten in Schülerhefte während Stillarbeits-Phasen – Abstand sei da nicht einzuhalten. „Ich werde deshalb auch für meine Kolleginnen und Kollegen eine Maskenpflicht anordnen“, kündigt Urch an.

Als „nicht umsetzbar“ bezeichnet Julia Gajewski, Leiterin der Gesamtschule Bockmühle in Altendorf, die neuesten Verordnungen des NRW-Schulministeriums. „Präsenzunterricht in vollem Umfang hat schon vor Corona nicht funktioniert, allein, weil Lehrer fehlen“, kritisiert sie. „Wie soll das erst jetzt werden, wenn einige Kollegen fehlen werden, weil sie zu den Risikogruppen zählen?“

Julia Gajewski ärgert sich darüber, dass die neuesten Bestimmungen zum Umgang mit Corona an Schulen „viel zu spät“ von Düsseldorf veröffentlicht wurden. „Das, was jetzt verordnet wurde, hätte man auch vor sechs Wochen zum Beginn der Ferien festlegen können.“ Dazu zähle auch die jetzt verlängerte Attest-Pflicht für Lehrer, die es Pädagogen möglich macht, bei bestimmten Gesundheitsrisiken zu Hause zu bleiben.

Keine Maskenpflicht für Grundschüler

„Die verordnete Maskenpflicht könnte von manchen Schülern als Zumutung empfunden werden“, schätzt auch Thorsten Korthaus, Leiter des Maria-Wächtler-Gymnasiums in Rüttenscheid. Korthaus kritisiert die „nicht immer stringenten Entscheidungen“ der Landesregierung der letzten Wochen – zum Beispiel, was die Bewertung der Schülerleistungen während der Home-Schooling-Phase angeht: Mal habe es geheißen, es würden gar keine Noten gegeben, dann wurde verlautbart, es dürften nur positive Noten vergeben werden.

Die jetzt verkündete Maskenpflicht gilt ab Jahrgang fünf, nicht für Grundschüler: „Laut lesen zu lernen, dabei auf die Aussprache zu achten - das ist mit Maske kaum möglich“, erklärt die Leiterin einer Grundschule. Auch, wenn sie starkes Unbehagen empfindet, Kinder ohne Maske in der Klasse sitzen zu haben - schließlich zählen Grundschulklassen stets zu den vollsten Klassenzimmern mit häufig mehr als 30 Jungen und Mädchen auf engstem Raum.

Als Problem wird auch der Schulweg empfunden – zwar hat die Ruhrbahn Maskenpflicht nicht nur in ihren Fahrzeugen, sondern auch an den Haltestellen erhoben. Doch tragen Schüler im dichten Gedränge noch Masken, während sie auf den Bus warten? Sylvia Neumann, Sprecherin der Ruhrbahn, kündigt an, dass das städtische Ordnungsamt das Nahverkehrsunternehmen bei den Kontrollen unterstützen wird - ob es dabei um Ticket-Kontrollen geht oder um Patrouillen an Bushaltestellen, ist noch offen.