Essen-Rüttenscheid. Andreas Kirsch, TV-Produzent in Essen-Rüttenscheid, sucht als Autodetektiv im Auftrag des Senders Vox nach vermissten Fahrzeugen.
Ob es nun der erste selbst erworbene Wagen war oder die Familienkutsche, die zum Leben dazugehörte: Viele Autos bleiben in liebevoller Erinnerung, und bei manchen Menschen folgt dann der Tag, an dem sie wissen möchten, was eigentlich aus den Karossen geworden ist. Genau mit solchen Fällen befasst sich Andreas Kirsch. Er ist beim TV-Sender Vox der Autodetektiv.
Die Idee zum Sendeformat entstand am Lagerfeuer
Dafür reist Andreas Kirsch kreuz und quer durch Europa – auf der Suche nach fahrbaren Untersätzen, von denen sich die einstigen Besitzer zwar getrennt haben, aber nie wirklich loslassen konnten. In Essen ist er vor allem als der Mann bekannt, der die Rüttenschau betreibt, ein Stadtteilfernsehen, das man auf der Internet- und der Facebookseite der IGR, der Interessengemeinschaft Rüttenscheid, verfolgen kann.
Darüber hinaus war der 57-Jährige einige Zeit mit seinem Medienbüro im Girardethaus beheimatet und hat heute seinen Räume an der Maxstraße. Den umtriebigen Produzenten, der einst mit „Karacho.tv“ für den Sender „Center.tv Ruhr“ im Einsatz war, brachte seine Leidenschaft für alte Fahrzeuge auf die Idee, das Format des Autodetektivs zu kreieren. Denn der gebürtige Duisburger ist in der Biker- und Oldtimer-Szene ebenso gut beheimatet wie vernetzt, schreibt ferner für verschiedene renommierte Fachmagazine im In- und Ausland.
Produzent ist auch unter dem Namen „Wikinger“ bekannt
Viele Leute, vor allem unter den Autoliebhabern, kennen Andreas Kirsch unter dem Namen „Wikinger“.
Den Spitznamen hat ihm bereits Ende der 80er Jahre ein Coach des Duisburger American Football-Clubs verpasst, für den er lange Zeit gespielt habe. Der Trainer habe bei seinem Einstieg allen Spielern einen Namen seiner Wahl gegeben und sich bei ihm für Wikinger entschieden. „Ganz falsch lag er damit auch nicht, denn ich bin durchaus ein Skandinavien-Fan“.
Der Kontakt zu Rüttenscheid entstand, als Andreas Kirsch, der sich auch gern als Kind des Ruhrgebiets bezeichnet, für die K+S Studios tätig war.
Bei seinen Recherchen erhält er Unterstützung von Mitarbeiterinnen der Kölner Produktionsfirma.
Gestohlene Wagen sind von der Suche des Autodetektivs ausgeschlossen.
Social Media: fb.com/ruettenschau und fb.com/derautodetektiv
Wenn sich nun die Fans von blinkendem Chrom und kultigen US-Kreuzern treffen, geht es gern auch zünftig zu, und so habe er, erzählt Kirsch, abends am Lagerfeuer häufig gehört, wie begeistert die Leute von ihren alten Schätzchen gesprochen hätten, sei es ein Opel Rekord, ein Ford 17 M oder ein VW Käfer. Dabei sei vor allem zum Ausdruck gekommen, dass sie die Wagen aus Zeiten, in denen Autos noch Charakter zugeschrieben wurde, gern einmal wiedersehen möchten.
Solche Wünsche dürften doch sicherlich auch Fernsehzuschauer hegen, überlegte Andreas Kirsch, entwickelte mit der Kölner Produktionsfirma benstar-media ein passendes Konzept, das schließlich die Verantwortlichen bei Vox überzeugte. Seit 2018 wurden bereits acht Detektiv-Folgen in zwei Staffeln ausgestrahlt. Nachdem Corona zwischenzeitlich Dreharbeiten verhinderte, „sind für 2020 zwei Episoden abgedreht. Es geht weiter.“
Vor der Kamera spielen sich berührende Momente ab
Kirsch, der betont, dass er nichts mit Shows am Hut habe, kann allerdings kaum verhehlen, dass die Beiträge von Emotionen leben. Menschen seien zu Tränen gerührt, wenn sie ihr einstiges Blechle wiedersehen würden. Das sei beispielsweise bei einem Mann der Fall gewesen, der einen Audi TT aus den Anfangsjahren der Modellreihe besaß. Aus finanziellen Gründen hatte er ihn irgendwann verscherbeln müssen. Als Andreas Kirsch ihm schließlich den fast unveränderten Roadster präsentierte, „konnte der das Glück des Wiedersehens kaum fassen“.
Die Recherchen, schildert der Autodetektiv, gestalten sich gleichsam schwierig wie aufwendig. Da er auf Unterlagen von Behörden verständlicherweise nicht zurückgreifen könne, benötige er Hinweise aller Art. Hilfreich sei es, wenn der Besitzer noch wisse, an wen er den Wagen verkauft und Kontaktdaten aufbewahrt habe. Egal, ob er sich dann mit Autohäusern oder Privatleuten in Verbindung setze, überall sei der Datenschutz vor. So gebe ein Händler den Namen eines Käufers erst dann weiter, wenn dieser vorher seine Zustimmung erteilt habe.
Suche nach einem Oldtimer führte ihn bis nach Italien
Akribie, aber auch ein Quäntchen Glück verhelfen Andreas Kirsch schließlich zum Erfolg. So gelang es ihm nach langer Suche, den heutigen Eigentümer eines Fiat 124 Spider, Baujahr 1978, vor die Kamera zu holen. Der italienische Sportwagen war wieder in sein Heimatland zurückgekehrt und gehört inzwischen einem Mann aus Padua. Gesucht hatte Andreas Kirsch den Wagen für einen alleinerziehenden Vater aus Celle. „Es war einst sein erstes Auto“. Nun wollte er mit seinen Kindern mal eine Tour unternehmen. Dass der Niedersachse schließlich den Wagen (zurück)kaufte, sei ein schöner Erfolg, aber in vielen anderen Fällen nicht möglich.
Es gehe stets auch darum, den spannenden Werdegang eines Autos zu verfolgen, was immer auch zu neuen Bekanntschaften führe. Dank der Recherchen von Kirsch konnte eine Kölner Familie nach zwölf Jahren in ihrem liebevoll gepflegten VW T3 Bulli wieder einmal Platz nehmen, den heute eine Familie aus Dresden fährt. Den Schriftzug „Bullbär“, den die Rheinländer angebracht hatten, fanden die Sachsen so rührend, dass sie ihn erhalten hatten.
Mit der Rüttenschau will Andreas Kirsch neu durchstarten
Über 200 Wünsche sind inzwischen auf dem Schreibtisch des Autodetektivs gelandet. Längst nicht alle Suchen führten zu dem erhofften Ergebnis. Es gelänge am ehesten, Wagen zu finden, die beim Verkauf schon 20 Jahre oder mehr auf dem Buckel hatten. Fahrzeuge mit Kult- und Oldtimerstatus würden dann meist weiter gepflegt, statt auf dem Schrottplatz zu enden. Der nächste Beitrag wird im Übrigen im Laufe des August im Rahmen von „VOX auto mobil“ an einem Sonntagnachmittag zu sehen sein.
Mit der Rüttenschau wird Kirsch in Kürze neu durchstarten. In den vergangenen Monaten hatte er sein Engagement zunächst schon stark gedrosselt, um Zeit für seine Vox-Aufgaben zu haben. Dann kam Corona hinzu, und von einem auf den anderen Tag fehlten im Viertel Anlässe, über die er stets berichtete. „Es wurden reihenweise Veranstaltungen abgesagt“. Doch durch die Lockerungen ändern sich die Zeiten wieder, erklärt Kirsch, und damit auch die Möglichkeiten, aus und über Rüttenscheid zu berichten – ein Stadtteil, den er als „Dorf in der Stadt“ empfindet. So schön, dass er seine mediale Heimat wurde.
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